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ZEITGEIST AUFGEMISCHT

ZEITGEIST(ER)-BESCHWÖRUNG

"Der Zauberlehrling" von Johann Wolfgang von Goethe hat es uns schon als Kind gelehrt, dass man "die Geister, die man rief", auch beherrschen muss. Sonst geschieht ein Unglück.
Fürchtete man früher und glaubte man an "böse Geister" oder Dämonen, die irgendwie-irgendwo existieren und zerstörerisch in das Schicksal der Menschen eingreifen, wird heute eher symbolisch, im übertragenen Sinne noch vom "Zeitgeist" oder "Geist der Zeit" gesprochen, der "herrscht". 
Das Wirkprinzip ist immer noch das gleiche:
eine äußere, von den Menschen nicht (mehr) beherrschbare Macht bestimmt über das aktuelle Geschehen. Dabei hat dieser "Geist" eher einen negativen Beigeschmack, muss herhalten, wenn etwas passiert, das man nicht gutheißen kann:

Meist wird, wenn vom "Zeitgeist"  der Vergangenheit die Rede ist, er entschuldigend für aus heutiger Sicht  unverständliches oder schreckliches Verhalten von Menschen genannt. So wird beispielsweise gern darauf verwiesen, dass Luthers Antisemitismus dem damaligen "Zeitgeist" geschuldet war. Er sei halt ein "Kind seiner Zeit" gewesen. In diesem Sinne könne ihm also gar kein Vorwurf gemacht werden.
Das ist nicht mehr und nicht weniger als eine Generalamnestie für passives Zusehen, wenn schlimme Dinge geschehen - damals und heute noch genau so.
Auch heute muss er, der "Zeitgeist", herhalten, wenn etwas wieder einmal als üblich und für unsere Zeit unvermeidlich dargestellt werden soll. Beispiele sollen zeigen, was ich meine.

Doch wer oder was bestimmt den Zeitgeist, wer kann ihn beeinflussen? Oder sind wir ihm nach wie vor ausgeliefert?

"Der Schoß ist fruchtbar noch, ..." - Der furchtbare alte Zeitgeist ist noch nicht tot.
"Der Markt" - der heutige, alles beherrschende Zeitgeist
Zeitgeist(er)-Beschwörungen: Der Geist der Zeit verlangt Aufrüstung -
    ein Teufelskreis
"Geister-Stunde" - frei nach Charles Dickens
    (eine Betrachtung über den Zeitgeist der Vergangenheit,
     der Gegenwart und der Zukunft, wie der eine aus dem anderen wächst
)

"Der Schoß ist fruchtbar noch, ..." - Der furchtbare
alte Zeitgeist ist noch nicht tot

Bertolt Brechts Ausspruch "Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch." war gemünzt auf den alten Zeitgeist des Faschismus, dessen Geist geradezu als Sinnbild für einen solchen fatalistisch (als unausweichlich) wahrgenommenen "bösen Geist" bzw. "Ungeist" gelten kann.

Es ist offenbar an der Zeit, das Stück, aus dem dieser Ausspruch stammt, "Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui", wieder aufzuführen. Vielleicht kann es den heutigen Zeitgeist ein wenig beeinflussen.

Siehe dazu z. B.:
de.wikipedia.org/wiki/Der_aufhaltsame_Aufstieg_des_Arturo_Ui »externer Link«
und ÜBER DAS LACHEN#Den Bann durch Gelächter brechen

(in HEITERE ZUKUNFT » HEITERKEIT + LEBENSFREUDE)

"Der Markt" - der heutige, alles beherrschende Zeitgeist.

Wesentlich wird der heutige Zeitgeist von den Rahmenbedingungen des Kapitalismus bzw. - für jemanden, der es etwas verschleierter, etwas "feiner" ausgedrückt haben möchte - von der "freien Marktwirtschaft" bestimmt.
Damit meine ich vor allem, dass das Geld zum Selbstzweck, zum "Mammon" (Gott, Götzen, Dämon) geworden ist, dem alles untergeordnet werden muss. Selbst die Demokratie hat inzwischen "marktkonform" zu sein.
Erstaunlich ist, dass viele Menschen sich zum Diener dieses Zeitgeistes, dieser Denkweise machen. Es ist aufwendig und oft zum eigenen Schaden für den, der versucht, sich dem entgegen zu stellen.

Jesus lehrte bereits:
"Niemand kann zwei Herren dienen ... Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon."

Gern empfehle ich an dieser Stelle einen Artikel (vom Mai 2016), in dem eine grandiose Analyse der systemischen und der ökonomischen Ursachen des Rechtspopulismus zu finden ist:
www.freitag.de/autoren/der-freitag/der-schoss-ist-fruchtbar-noch »externer Link« .

Der Geist der Zeit verlangt Aufrüstung - ein Teufelskreis

In der MZ vom 11.05.2016 Quelle MZ war auf S. 4 ein Kommentar von Thomas Kröter zu lesen unter der Überschrift "Der Geist der Zeit". Darin nahm er Stellung zur "Veränderung der politischen Weltlage" und den daraus resultierenden neuen Herausforderungen für Politik und Militär. Im Text taucht dann die Formulierung "Der Geist der Zeit verlangt Aufrüstung" auf, von einem Teufelskreis ist dabei nicht die Rede, den habe ich assoziiert.  Wir - die Deutschen - müssen diesem Geist der Zeit folgen, denn die anderen tun das auch: die Russen, die Chinesen, die Nato. Also hat unsere zuständige Ministerin nun auch die "Trendwende" verkündet: die großangelegte "Neuausrichtung der internationalen Verteidigungspolitik". Kröter meint:"Es lässt sich nicht leugnen: Die Welt ist wieder in einem Prozess des Wettrüstens begriffen." Und dann, als letzter Satz, passiert ihm ein kleiner Freudscher Versprecher, resp. Verschreiber:"Ob damit die neuen Aufgaben gewältigt werden können, ist aber unklar.""Gewältigt" - diese Ableitung von "Gewalt" statt "bewältigt", was verrät das? Dass es aus diesem Teufelskreis der Aufrüstung kein Entkommen geben wird, er nicht mehr zu "bewältigen" sein wird, nur alles immer gewalttätiger werden wird? Dass die Herrschaft der Gewalttäter aus Politik und Militär nicht aufzuhalten sein wird?

Die tiefen, wirklichen Ursachen dieses Teufelskreises aufzuzeigen wäre möglich, doch daran scheint es hier in Deutschland, dem drittgrößten Waffenexporteur der Welt, kein Interesse zu geben.

Helfried Adam aus Zeitz hat in einem Leserbrief reagiert, der in der MZ vom 22.06.2016 auf S. 7 unter der Überschrift "Geist der Zeit?" abgedruckt wurde und den ich ausnahmsweise - er ist sehr kurz - in fast voller Länge wiedergebe."Es ist zum Kotzen, einen Satz lesen zu müssen, der da lautet: »Der Geist der Zeit verlangt Aufrüstung« ... Genau durch dieses (Herbei)-Gerede von der steigenden Aggression in der Welt wird dieser Geist erst gerufen." Dieser Meinung möchte ich mich vollinhaltlich anschließen!

Geister-Stunde - frei nach Charles Dickens

eine Betrachtung über den Zeitgeist der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft, wie der eine aus dem anderen wächst


In der bekannten Geschichte von Charles Dickens "Ein Weihnachtslied in Prosa" wird der geizige Mr. Scrooge mit drei Geistern konfrontiert, die ihm seine Vergangenheit, seine Gegenwart und seine mögliche Zukunft zeigen.
Dabei geht es um die Frage, ob Zukunft schicksalshaft ist oder ob sie gegenwärtig beeinflusst werden kann.

Vor einer ähnlichen Frage steht offensichtlich unsere Gesellschaft bzw. die ganze Menschkeit in dieser Gegenwart: wird der verhängnisvolle "Zeit-Geist" der Gegenwart durch den heranwachsenden "Zeit-Geist" der Zukunft überwunden werden können oder ist dieser zu schwach? Haben die Ereignisse in Vergangenheit und die gegenwärtig sich ereignenden Prozesse längst den "Point of no return" überschritten, wird die menschheitszerstörende Katastrophe unvermeidlich sein?
Oder können wir den immer wieder gern vorhergesagten "Weltuntergang" verhindern?

Scrooge bettelt seinen "Geist der Zukunft": "Sage mir, dass das nicht unvermeidlich ist. Sage mir, dass ich noch eine Chance habe, meine Zukunft zu ändern." Der Geist schweigt.
Scrooge erkennt: wenn ich mein Verhalten heute ändere, ändert sich auch meine Zukunft. Also macht er sich daran, sein Leben zu ändern. Er weiß nicht, ob es noch hilft, aber es ist das einzige, was er noch tun kann ...

Man kann es auch so sagen:
Nur, wenn es gelingt, den heute vorherrschenden, zerstörerischen "Zeitgeist" zu ändern, haben wir eine Chance, den "Geist der Zukunft" zu beeinflussen.

Das gleiche kommt in dem Ausspruch (gern Martin Luther nachgesagt, dass er diesen getan hat) zum Ausdruck: "Und wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, würde ich heute ein Apfelbäumchen pflanzen." Die Situation jetzt, Anfang des Jahres 2019, sieht eigentlich schon ganz gut aus. Der jetzige Zeitgeist ist im Wandel.
(siehe hierzu z. B. die Seite NEUE-WEGE-BLOG 2019 in HEITERE ZUKUNFT » NEUE WEGE)