SPRACHLIEBE - MIT LUST UND LIEBE SPRECHEN
WORTSAMMLUNG VON A BIS Z - Z
Vorbemerkung am 07.10.2024
Wörter rund um "Zukunft", die bisher hier mit gesammelt wurden, sind mit dem heutigen Tag in die
WORTSAMMLUNG VON A BIS Z - ZUKUNFT überführt worden.
Nun folgt die Wortsammlung "Z", danach gibt es ein paar
Texte zu einzelnen Wörtern:
(diese sind in der Wortsammlung verlinkt)
Zahlungsdiensterahmenvertrag (28), echtes Vier-Wort-Wort
(Schubkasten gaanz laange Wörter)
Zankapfel
Zapfsäulen - auch E-Zapfsäulen bzw. Stromzapfsäulen
Zeichen setzen, klares Zeichen setzen
(Schubkasten gefloskelt, mode-deutsch)
zeigen
(z. B. in letzter Zeit sehr beliebt: "klare Kante zeigen")
siehe auch Kante
Zeit
Zeitungsente
zelebrieren
Zentrum
Zerfall, Zerfallserscheinungen
Zertifizierungsverfahren (24)
Ziernieten
(modisches Detail an Damenkleidung)
zinssensibel, zinsaffin(Schubkasten markt-deutsch)
Zivilisationskrankheiten
Zucht, züchtig
("und drinnen walter die züchtige Hausfrau")
Zucht und Ordnung, Zuchthaus -
(
siehe auch Unzucht)
Zucker
Zuckerbäcker,
Zuckerwerk
(früher für Süßigkeiten, Bonbon)
(Schubkasten alt-deutsch - liebenswert, kurios,
selten bis aussterbend)
Zugbildungsanlage
(früher "Rangierbahnhof") (Schubkasten neu-deutsch)
Zugewinn
Zugriffsrecht
(z. B. auf die Kanzlerkandidatur?)
zurückbauen
(meist für "abreißen"), auch Rückbau, Wohnungsrückbau
(Schubkasten beschönigend)
zurückrudern
(Lieblingsbeschäftigung von Politikern -
Schubkasten polit-deutsch)
zusammenaddieren
(statt "zusammenzählen" = "addieren" - Schubkasten doppelt gemoppelt und dumm-sprech)
Zuständigkeitsbereich
(Schubkasten amts-deutsch)
Zuwanderung, Zuwanderungsgeschichte
Zwangsoptimismus
(z. B. der " staatlich verordnete" in der DDR)
Zwangsticket
(euphemistisch-verbrämend und von bestimmten Leuten lieber "Bürgerticket" genannt: damit ist gemeint, dass alle Bürger ein solches Ticket kaufen müssen, mit dem sie den ÖPVN nutzen können - ist zum Glück bisher nur eine blöde Idee geblieben)
Zwangsverrentung
Zwergstaat oder Zwergenstaat? (Schubkasten dumm-sprech)
Zwickelerlass
zwischenzeitlich
(steht zusammen mit "Zwischenzeit" auch im Duden; früher nur umgangssprachlich für "inzwischen" verwendet)
Dieses Wort stellt inzwischen eine
echte Bedeutungserweiterung gegenüber "inzwischen" dar, die dt. Sprache ist
nuancenreicher geworden mit diesem Wort. Es ist ein Unterschied zwischen
"Er ist inzwischen aus dem Haus gegangen."
und
"Er ist zwischenzeitlich (mal) aus dem Haus gegangen."
Im ersten Beispiel ist er nicht wiedergekommen, im zweiten schon.)
(Schubkasten neu-deutsch)
Ausführlichere Texte zu einzelnen Wörtern
• Zeit
zeitig, zeitlos
Zeitgeist, der Zeit bzw. dem Zeitgeist trotzen
Zeitung, Zeitschrift, Zeitgenosse, Zeitvertreib
Gleichzeitigkeit, Relativität der Zeit und Zeitreisen
Zeitsprung, Zeitschleifen
Langzeitexperiment und Kurzzeitwecker
wenn die Zeit "stehenbleibt" oder "stillsteht"
Zeit ist Geld,
die gute alte Zeit,
eine neue Zeit bricht an,
das Zeitliche segnen
(Achtung - neben der üblichen Bedeutung als Euphemismus für "sterben" gibt es ja noch eine wörtliche Bedeutung für "das Zeitliche segnen", diese meint man i. a. nicht, ist aber sehr hübsch.)
• Zentrum
Oh, wie liebe ich solche Formulierungen - die gehen mir runter wie Öl, das ist Sprache in höchster Vollendung, das muss man laut vor sich hin sagen. Wenn man es lediglich liest,hat es nur die halbe Wirkung:
"Willkommensklasse eines Oberstufenzentrums in Berlin-Kreuzberg" - die hat SDP-Chef Sigmar Gabriel besucht; nein, die wurde von Sigmar Gabriel besucht
(siehe MZ vom 26.01.2016, S. 5)
• Zerfall, Zerfallserscheinungen
Nun hat Herr Seehofer sein
"Heimatmuseum" (Pardon - das war (s)ein Freudscher Versprecher, gemeint war natürlich sein "Heimatministerium") bekommen. Was muss er jedoch feststellen? Es ist verlottert; geradezu verfallen ist die deutsche Heimat. Ich zitiere aus der MZ vom 04.05.2018, S. 5:
»Was Heimatpolitik konkret bedeutet, erläuterte der Minister an anderer Stelle: Dort, wo es regionale Zerfallserscheinungen gebe, müsse gegengesteuert werden. Das sei kein reines Ost-Problem.« Herr Seehofer assoziiert also Heimat mit Zerfall?
"Zerfallserscheinungen" oder "Verfallserscheinungen"- die hatten wir doch nur in der DDR bis 1989. Der Westen war immer sauber, rein, proper, mit glänzender Vorbildwirkung für uns Ossis.
Und nun sind diese "Zerfallserscheinungen" wohl - fast 30 Jahre nach der Wiedervereinigung - auch auf den Westen übergeschwappt? Die hätte ich dort drüben - im "Gelobten Land" - nie erwartet.
Ist doch klar: Zerfall ist nicht Verfall, basta!
• zinssensibel, zinsaffin
Und auch dieses:
Zinsprognose, Zinsssteigerung, Zinsanlagen, ...
"Die zinssensiblen Kunden müssen umdenken." Diese Empfehlung des "Vermögensplaners" Volker Nagel von der Volksbank Wittenberg e. G. meint, dass man sein Geld unabhängig vom Zinsniveau für spätere Anschaffungen oder Notsituationen beiseite legen muss.
(Anlass des Interviews im "Wochenspiegel" Quelle Wosp vom 28.10.2015, S. 6 ist der "Weltspartag".)
Herr Nagel zitiert dann noch ein Sprichwort:
"Geld ist wie Mist, man muss es streuen."Der Interviewer erwähnt den "zinsaffinen, konservativen Anleger".
Noch einmal Herr Nagel:
Die Zinsprognose unseres genossenschaftlichen Spitzeninstitutes DZ BANK weist nur geringe Zinssteigerungen aus. Wir empfehlen Vermögensteile aus Zinsanlagen in Sach- u. Substanzwerten umzuschichten. Bei einer bundesweiten Aktienquote von nur 13 Prozent scheint hier noch Potential zu sein.
• Zucker
Zur Zeit (Ende Juni 2016) ist der Zucker "in aller Munde". Man stellt plötzlich fest, dass er ja ganz gefährlich ist und dass man mit seiner Hilfe zusätzliche Staatseinnahmen generieren kann. Das Wort
"Zuckersteuer" ist ausgesprochen, wie vor Jahren das Wort "PKW-Maut".
Es gibt schöne Wörter rund um den Zucker:
Zuckerrohr, Zuckerrüber, Zuckerfabrik, Zuckertüte, Zuckerstückchen,
Puderzucker, Würfelzucker, Kandiszucker, Zuckersirup, Zuckerkuchen, Vanillin-Zucker,
zuckersüß, überzuckert,
Nun tauchen auch andere, seltene, seltsame Wörter auf:
(gefunden in der MZ vom 29.06.2017)
- Fehleinschätzung über den
Zuckergehalt (von Lebensmitteln)
-
Zuckerkonsum (32 kg pro Kopf in Deutschland)
-
Entwurf für eine
Strategie zur Senkung von Zucker, Fett und Salz in Fertigprodukten
(Den hat der Landwirtschaftsminister jetzt vorgelegt, dabei soll er vor der Lebensmittellobby "eingeknickt" sein.)
Der Gipfel der Zuckerwörter ist jedoch:
"1. Deutscher Zuckerreduktionsgipfel" (der fand am 28.06.2017 statt)
• Zwangsverrentung
Diese gesetzliche Regelung der sogenannten "Zwangsverrentung" bezieht sich auf den "frühestmöglichen Renteneintritt" für Hartz-IV-Empfänger und meint, dass der Betroffene - ob er will oder nicht - "in Rente gehen" muss.
Falls dieser Termin bei 60 Jahren liegen sollte, bedeutet das 18 Prozent Rentenkürzung gegenüber
dem regulären Renteneintritt mit 65 Jahren (+ x Monaten). Diese Rentenkürzung ist von den Betroffenen hinzunehmen.
Inzwischen gibt es allerdings auch schon erste Gerichtsurteile,
die von den Jobcentern verlangen, dass individuell zu prüfen ist,
wieviel Rente dem zwangsverrenteten Rentner noch bleibt.
Weniger als Hartz IV sollte es nicht sein. Die sogenannte "Grundversorgung im Alter" greift nämlich erst mit 65 Jahren (bzw. regulärem Renteneintrittsalter)
- und wenn der
zwangsverrentete Frührentner noch Hartz IV als Aufstocker beantragen muss (geht das überhaupt?),
ist der bürokratische Aufwand wohl zu hoch bzw. man hat statistisch nichts erreicht.
• Zwergstaat oder Zwergenstaat?
Da musste ich schon zweimal hinsehen, als ich in der MZ vom 26.07.2016 auf S. 21 - der KINDERSEITE!, die sich "Galaxo" nennt - einen Beitrag über den Vatikan las, in dem dieser als
"Zwergenstaat" bezeichnet wurde. Wer denkt da nicht gleich an Schneewittchen und die sieben Zwerge - und nicht an umgangssprachlich gelegentliche Verwendung von "Zwerg" für "Klein" -
"Zwergstaat" für "Kleinstaat".
Doch hier handelt es sich offenbar um einen ganz dussligen Fehler. Und das auf einer Informationsseite für Kinder! Aber man muss es der MZ nachsehen. Neben dem sicher gerechtfertigt "Zwergenstaat" genannten Gebiet der Hobbits aus "Herr der Ringe" gibt es bei Google-Fundstellen noch mehr Medien, die einen
"Zwergstaat" (ein Staatsgebiet mit sehr kleiner Fläche unter 1000 km
2)
als "Zwergenstaat" bezeichnen. Unter den bisher 5.650 Fundstellen habe ich zahlreiche Medien (Stern, DIE ZEIT, Tagesspiegel u. a.) gefunden, die diesen Fehler ebenfalls machen.
Es steht zu befürchten, dass aus dieser Sprachschlamperei bald "Normalität" werden wird. Wenn sie es nicht schon ist. Mich schüttelt es vor Entsetzen.
Die Wikipedia hat eine Seite "Zwergenstaat", auf der steht (Stand 2016):
"Zu diesem Stichwort ist kein Artikel vorhanden; möglicherweise ist "Zwergstaat" gemeint." Dort - unter "Zwergstaat" erläutert sie, die Wikipedia, dann:
Zwergstaat (auch Mini- oder Mikrostaat, historisch auch Duodezstaat) ist eine Bezeichnung für einen Staat mit extrem kleiner Landfläche. Zwergstaaten sind kleine Kleinstaaten, denen aus politischer Sicht staatliche (Souveränitäts-)Attribute fehlen; so können sie sich beispielsweise militärisch oder außenpolitisch durch einen Nachbarstaat vertreten lassen, während sie sich innenpolitisch selbst verwalten. Also: "Zwergstaat" ist in der politischen Klassifikation nicht identisch mit "Kleinstaat", er ist ein "kleiner Kleinstaat". Historisch gewachsene Verwischungen zwischen beiden Begriffen sind auch möglich.
In Europa gelten als "Zwergstaaten" z. B.
Andorra, Liechtenstein, Malta, Monaco und San Marino.
Am Rande sei die Frage gestattet, was einen echten Staat auszeichnen sollte:
die Selbstreproduktion seiner Bevölkerung gehört meiner Meinung nach eigentlich wesentlich dazu. Und beim Vatikan ist das so eine Sache ...