banner spr - SPRACHLIEBE
SPRACHLIEBE - MIT LUST UND LIEBE SPRECHEN

WORTSAMMLUNG VON A BIS Z  - P


Preisschub (Eintrag aus dem Jahr 2021) - dieses Wort für "Inflation" bzw. "Teuerung" war mir bisher noch nicht aufgefallen. In der Nachrichtensendung "mdr-aktuell" vom 29.11. 2021  kündigte man mit diesem hübschen Euphemismus die steigende Inflation an.
Nebenbei: es gibt auch das Wort "Hyperinflation" - welchen Euphemismus werden wir dann - falls diese kommt- zu hören oder zu lesen bekommen? Oder entscheidet man sich dann für einen "Dysphemismus" - eine "negative, herabsetzende Umschreibung für ein neutrales oder positives Wort." (wie der Duden das Wort erklärt)?
OK - dann muss auch die Duden-Erklärung für "Euphemismus" noch her:
"beschönigendes Wort, Hüllwort, z. B. »einschlafen« für »sterben« od. »freisetzen« für »entlassen«".

Packungsbeilage
(Schubkasten  Zeitgeist)

Panik, Panikmache
Mitunter wird "vor Panik gewarnt", also nicht vor einer realen Gefahr, einer Notsituation u. ä., sondern vor der Reaktion darauf.  Würde nicht Formulierungen wie:
"Leute, bleibt ruhig! Hilfe ist schon auf dem Weg." und "Das und das ist jetzt ganz wichtig, damit wir die Situation in den Griff bekommen."
sich eher eignen, einer möglichen Panik vorzubeugen?
Noch gefährlicher ist die "Panikmache", das Übertreiben einer Gefahr.

Paragraphendschungel

Parallelgesellschaften
siehe auch Kultur, z. B. die "falschen kulturellen Kompromisse"
(Schubkästen  polit-deutsch und gaanz laange Wörter - 22)

Paralleljustiz
und die Frage, ob es eine solche in der katholischen Kirche gibt - Stichwort: Sexualdelikte an Kindern und Jugendlichen werden nicht vor staatlichen Gerichten verhandelt, sondern kirchenintern

Parkraumkonzept

Parlamentarismus-Forscherin
Das Wort kann man auch ohne Bindestrich schreiben, den habe ich jedoch wegen einer besseren Lesbarkeit eingefügt.
(26 - Schubkasten gaanz laange Wörter)

Parolen
(Schubkasten polit-deutsch)


Partei, Parteien, parteilich
Parteienfamilie
Parteienfinanzierung,
Parteien-Sponsoring,
Parteiproporz,
Parteispendenskandal,
parteiübergreifend,
(Schubkasten polit-deutsch)

Partizipation
gern auch "Teilhabe"
Wörter wir "teilnehmen" und "beteiligen" sind so was von unmodern!
(Schubkasten mode-deutsch)

Partner
Privilegierte Partnerschaft
(Schubkasten polit-deutsch)

Passionsspiele

Pastoraltheologie

Patient
Patientensicherheit
Risikopatiente und nun auch - mit Corona - der
"Verdachtspatient"
Hierzu gehört auch die Arzneimitteltherapiesicherheit - ein Vier-Wörter-Wort mit 30 Buchstaben:
Arznei-Mittel-Therapie-Sicherheit
(Schubkasten gaanz laange Wörter)

Pausengymnastik  
Die war damals in der DDR in den Arbeitspausen erwünscht.

Pazifismus, Pazifist, pazifistisch
siehe auch MILITÄR VOR 2022  (hier in der WORTSAMMLUNG von  A bis Z)

Pedelecs
Fahrräder mit E-Motor-Unterstützung, auch eBikes (mit kleinen Unterschieden zwischen beiden Ausführungen)
(Schubkasten neu-deutsch)


Pegida mit ihren Ablegern Legida und Magida
in Leipzig und Magdeburg
(Schubkasten polit-deutsch, Zeitgeist)


Pendlerpauschale

perfide

Persilschein

Personaldienstleistungskauffrau
Personal-Dienst-Leistungs-Kauf-Frau
(31, Fünf-Wörter-Wort - Schubkasten gaanz laange Wörter)

Personalklemme

Personalgeschacher

Personalpoker
In seltener Einmütigkeit wechselten die Medien in Deutschland Ende Juni, Anfang Juli 2019, nach der Europawahl, bei der Vergabe der "Spitzenämter" für die verschiedenen EU-Gremien von der Formulierung "Personalgeschacher" zu "Personalpoker".

Persönlichkeitsrechtsverletzungen
Persönlichkeits-Rechts-Verletzungen
(33 - Schubkasten gaanz laange Wörter)

Pfand, Pfändung

Pfennigfuchser

Pfingsgottesdienstbesucher
Pfingst-Gottes-Dienst-Besucher
(26 - Vier-Wörter-Wort, Schubkasten gaanz laange Wörter)

Ping-Anrufe
(Schubkasten markt-deutsch)


Plagiate
Plagiatsforscher

platt
plattmachen
plätten, Plätte, Plättbrett (für bügeln, Bügeleisen, Bügelbrett)
(Schubkasten alt-deutsch bis aussterbend)

Plattenbauten, Plattenbausiedlung (offenbar vorwiegend für Neubaublöcke im Osten aus DDR-Zeiten verwendeter Begriff)

Plumpsklo
(Schubkasten alt-deutsch bis aussterbend)

Plus
"Ein Plus bei sexuellen Straftaten wurde verzeichnet.")

Poker, pokern
z. B. Postenpoker, Jobpoker

Politik

Polizei
Polizeipfarrer, Polizeikirche 
(Schubkasten kirchen-latein)


Pomp, pompös

Posten
Postengeschacher, Postenschacher, Postenpoker
(Schubkasten polit-deutsch)

siehe auch Demokratie

Post
Postkutscher
(Schubkasten liebenswert-alt)


postwendend
postwendende Antwort:
Der Antwortbrief wurde geschrieben, während "die Post wendete", also z. B. der Pferdwechsel vollzogen und eine Pause für den Postkutscher eingelegt wurde

potent, potentiell, potenziell, Potenz, potenzieren, Potential, Potenzial, Potentat
(Schubkasten Rechtschreibnörgelei)

Präsenz, Präsenz zeigen
(Schubkasten doppelt gemoppelt)

Präsidialsystem
- ein anderes Wort für Diktatur, kleine Diktatur - (Schubkasten beschönigend, euphemistisch)
ein "Diktatürchen" (meine Worterfindung, hoffe ich, B.K.)

Präventivstrafrecht
Das ist kein juristischer Begriff, z.Zt. ein rein polemischer.

Praxisgebühr
(Schubkasten zynisch)


Predigt, Prediger, predigen usw.

Preisschub
gelegentlich für Inflation bzw. Teuerung

preissensibel
wurde verwendet im Sinne:
wenn Preise für XYZ "billiger" oder "teurer" werden
(statt geringer / kleiner bzw. höher / größer)
Preise sind Zahlenwerte, diese können sich erhöhen oder sinken - dann wird XYZ, die Ware, teurer oder billiger 
(Schubkasten dumm-sprech)


Priester
Priestermangel
Der könnte ja behoben werden, wenn man Frauen Priester werden lässt. Solange es keine Frauen als "Priester" gibt, gibt es eigentlich auch das Wort "Priesterinnen" nicht, oder?

Prinzen und Prinzessinnen
z. B. Spargelprinzessin
(Schubkasten Ämter, Titel, Berufe)
siehe auch Könige und Königinnen

Prinzessinnensteuer
auch "Fräuleinsteuer" - eine zusätzliche Steuer, die erhoben wurde, um die Aussteuer der Töchter regierender Fürsten zu finanzieren

privilegiert, unterprivilegiert, kündigungsschutzprivilegiert (gesammelt auf einer Extra-Seite)
(Schubkästen beschönigend,  polit-deutsch, medien-deutsch)


Problem
problematisch
Problembewusstsein
(Schubkasten Zeitgeist)

Problemzonen (am Körper)
(Schubkasten mode-deutsch)

Problemschüler

Produktlebenszyklusmanagement
Produkt-Lebens-Zyklus-Management  
(29 - Vier-Wörter-Wort, Schubkästen polit-deutsch und gaanz laange Wörter)


Profit, profitieren
siehe auch Gewinn
(Schubkasten markt-deutsch)


prollig

Promi, Promis
(früher auch "prominent" bzw. "Prominente"  genannt),
Prominenz, Promi-Dinner (soziales Promi-Dinner, gern mit Spendenrekord)

Prostitution
Prostitutionshotel
Lt. MZ vom 20.02.2020, S. 24 will Amsterdam ein solches "Hotel", im Artikel auch "Bordellhotel" genannt, bauen.

Protest, Protest-, Protestanten, Protestantismus
siehe auch Kultur  (Kulturprotestantismus)

Provokation, provozieren
Provokationskünstler
Provokationsexperte

Prüfstand, "auf den Prüfstand stellen"
Das wird - aufbauschend - meist statt des einfacheren "prüfen" bzw. "überprüfen" gesagt, z. B. "Wir müssen den Alkoholausschank auf den Prüfstand stellen aus Fürsorgepflicht für unsere Mitarbeiter."
prunken, Prunkstück, Prunksaal
Ich übersetze "prunken" in heutige Sprache: "angeben".

punkten (können)
z. B. mit dem Thema Gerechtigkeit im Wahlkampf (M. Schulz Anfang 2017)

Ausführliche Texte zu einzelnen Wörtern


• Parolen
Parolen zwischen Durchhalteparolen und Zukunftsparolen:
Da gibt es auch noch die Stammtischparolen, die Wahlkampfparolen bzw. Kampfparolen allgemein. Oft werden sie mit dem Wort "brüllen" assoziiert:
Parolen wurden - und werden inzwischen wieder - "gebrüllt". Das hat etwas sehr Beängstigendes.

Den Zukunftsparolen habe ich ein extra Thema in der "HEITEREN ZUKUNFT" gewidmet:

In der MZ vom 30.05.2016, S. 4 fiel mir in einem Kommentar von Markus Decker zum Parteitag der LINKEN dieser Satz auf: "So macht sich Ratlosigkeit breit - übertüncht von den sattsam bekannten antifaschistischen Parolen."
Inzwischen (Stand 15.05.2018) habe ich auch die "Friedensparolen" gefunden: eine TV-Sendung auf PRO7 am 13.05.2018, "Galileo Big Pictures", wird in der  MZ vom 12.05.2018 auf S. 31  u. a. angekündigt mit: "Ein Foto zeigt die gebürtige Spanierin Concepcion Picciotto umgeben von Friedensparolen vor dem Weißen Haus."
Parolen haben den Ruch an sich, ideologisches Ausdrucksmittel für diverse nicht ganz astreine Vorhaben,  für vordergründige Aussagen  mit hintergründig anderen Absichten zu sein. Mit anderen Worten, ihnen haftet an, dass sie nicht ehrlich gemeint sind. Sonst könnte man von "Losung", "Motto", "Aufruf" usw. reden.
Mich irritiert, dass in Medien gerade die Menschen, die sich für antifaschistische Aktionen bzw. für den Frieden einsetzen, mit der Behauptung, sie würden "Parolen" verbreiten, diskriminiert werden. Hierbei wird letztlich das Wort "Parole" selbst als "ideologisches Ausdrucksmittel" zur Abwertung von bestimmten politischen Auffassungen verwendet.

siehe auch ZUKUNFTSPAROLEN (in HEITERE ZUKUNFT » NEUE WEGE)
• perfide
Vorerst will ich hier lediglich auf die noch relativ harmlos-verdummende Verwendung des Wortes aufmerksam machen:
Da finde ich in einem Osterbeitrag (MZ vom 26.03.2016 auf S. 9) über die Vögel, die Evolution und die natürliche Farbvielfalt der Eier diesen Satz: "Frau Kuckuck schafft es auf zehn bis 25 [Eier] und die verteilt sie in genau so viele Nester. Dabei geht sie perfide vor: Sie lässt dafür ein Ei des Wirtsvogels spurlos verschwinden."
Wenn man jedoch weiß, was "perfide" bedeutet, findet man diese Formulierung nur noch lächerlich: da wird menschliches Verhalten in Tiere hineininterpretiert.
Perfide bedeutet "Vertrauen vorsätzlich zu enttäuschen bzw. zu missbrauchen". Ähnliche bzw. synonyme Begriffe sind z. B.: Heimtücke, Arglist, Täuschung, Betrug  und die veraltete Bezeichnung Niedertracht.
Man tut dem Kuckuck Unrecht, ihm diese menschlichen Eigenschaften zu unterstellen. 
Das Gegenstück - sozusagen die Basis, auf der Perfidie wirksam werden kann - sind Arglosigkeit und Vertrauensseligkeit. 
Auffällig ist, dass das Wort "perfide" ein neues Modewort zu werden scheint, vielleicht sogar eines, das als Beispiel für unseren Zeitgeist angesehen werden kann.
• Pfand, Pfändung
Pfändungsgrenze ( Stand Juli 2017 wurde sie auf 1.139,99 Euro erhöht- sie heißt offiziell "Freibetrag" und gilt "bei einer Pfändung von Einkommen auf der untersten Stufe" - siehe MZ vom 03.07.2017, S. 26)
Pfändungsschutzkonto
Lohnpfändung 
Pfandleiher, Pfandhaus, Pfandbrief
• Ping-Anrufe
»Ping-Anrufe sind "Lockanrufe", die einen kostenpflichtigen Rückruf provozieren wollen.« (zitiert aus der MZ vom 29.05.2018, S.17)
Interessant an dem Begriff ist, dass diese Abzocke-Masche als "Geschäftsmodell" bezeichnet wird, das sich nun durch staatliche Eingriffe "nicht mehr lohnen" soll. Juristisch kann man, wie es aussieht, gegen solche  Schweinereien in der Marktwirtschaft nur schwer oder gar nicht vorgehen.
• Politik
politisch motivierte Straftaten
Politikberatung
Das Wort wird gern und eupemisch für Lobbyismus verwendet (Deutsche Gesellschaft für Politikberatung Degepol)
Politikverdrossenheit
z. B. in Formulierungen wie "In Zeiten großer Politikverdrossenheit ..."
Polit-Prominenz

Fördermittel-Politik
Flüchtlingspolitik und deren Verrohung (siehe dazu auch FLÜCHTLINGE)
Kriminalpolitik
Rüstungsexport-Politik
Symbolpolitik
Politikwechsel
• potent, potentiell, potenziell, Potenz, potenzieren, Potential, Potenzial, Potentat
Vorbemerkung: Das ist eine "Rechtschreibnörgelei".

( → KLATSCHWEIB#Rechtschreibnörgler sind eher introvertiert)
Ja, da hat die Rechtschreibreform einiges angerichtet: Aus Potenz abgeleitetes "Potenzial" tauchte da auf einmal auf, wo früher "Potential" stand. Inzwischen darf man wieder beide Varianten schreiben. Das ist aus meiner Sicht eine schallende Ohrfeige für diese  Rechtschreibreform.
Ein Grund für deren Zurückrudern (nichts anderes ist das Wiederzulassen einer "abgeschafften" Schreibweise!) mag gewesen sein, dass die Physiker und andere Wissenschaftler sich nicht vom "Potential" haben abbringen lassen. In der Wissenschaftssprache gibt es nämlich ganz viele weitere  Wörter, die man sich offenbar nicht mit einem "z" drin entstellen lassen wollte: potentielle Energie, Potentialgefälle, Potentialwall, Potentialwirbel, ...
Eingebürgerte wissenschaftliche Begriffe auf einmal anders schreiben zu wollen oder zu müssen - ohne ersichtlichen Grund! - das kommt bei den Wissenschaftlern nicht gut an.

Inzwischen wird bei Google bei der Suche nach "Potenzialwall" z. B. gefragt, ob man "Potentialwall" gemeint habe. Angezeigt werden 830 Fundstellen, während es der "Potentialwall"  auf 111.000 Fundstellen bringt (Stand 13.04.2016).
Die "potenzielle Energie" bringt es auf 26.700 Fundstellen, die "potentielle Energie" auf 113.000.

Nur bei Journalisten ist - aus welchem Grund auch immer - das Wort "Potenzial" beliebter als das Wort "Potential". Meine diesbezüglichen Vermutungen gehen in eine ganz bestimmte Richtung: Die Assoziationen zu "Potenz" und "Impotenz" sind offensichtlich.
Für mich ist ein "Potenzial"-Schreiber (gegenüber dem "Potential"-Schreiber) also jemand, dem diese Assoziation sozusagen in Mark und Bein  und wo auch immer sonst noch steckt.
• Präsenz, Präsenz zeigen
Präsenz kommt von Präsent, präsentieren und meint u. a. "darbieten", "(sich) zeigen".
"Präsenz" im eigentlichen Sinne bedeutet:
"Gegenwart, Anwesenheit, das Dabeisein, das Vertretensein" (Quelle Du5)
In diesem Sinne liegt ein klassischer Fall eines "Pleonasmus" ("doppelt gemoppelt") vor.
Wer  "Präsenz zeigen" will oder muss, muss es also besonders nötig haben, wahrgenommen zu werden.
Dann will er seine "Anwesenheit zeigen". Wer anwesend ist, "zeigt sich".
Es ist in dieser Doppelung ein besonders beliebtes Wort in Politik- und Militärkreisen, die müssen das wohl:
Präsenz zeigen, mehr NATO-Präsenz im Osten fordern, ...
Es klingt wie eine Drohung. "Präsentiert das Gewehr!"

"Präsent sein" klingt zwar auch etwas abgehoben, bedeutet jedoch zumindest "anwesend sein", "sich zeigen".
• Praxisgebühr
Wieso nenne ich dieses Wort "zynisch"? Es ist natürlich nicht das Wort selbst, sondern das, was sich dahinter verbarg.
Formal wurde sie in der Form eingeführt, dass jeder Patient in Deutschland, der krankenkassenversichert war und zum Arzt oder Facharzt ging, dafür einmal im Quartal 10 Euro bezahlen musste. Noch einmal 10 Euro konnten hinzukommen für denjenigen, der zum Zahnarzt ging.
Die Begründung war, man wolle unnötige Arztbesuche eindämmen, weil - statistisch gesehen - die Deutschen zu oft zum Arzt gingen (Möglichkeitsform, Konjunktiv). Sie war also offiziell als "Missbrauchsbekämpfung" gedacht.
Formal sah das nach Gleichbehandlung aller Patienten aus - jeder musste zahlen, keiner konnte sich davor drücken. Also war es "gerecht". War es aber nicht. Weil es - s. u. - für die Armen ungleich schwerer war als für die Reichen, diese 10 Euro zusätzlich aufzubringen. Diese Ausgabe bedeutete immer Verzicht auf andere lebensnotwendige Dinge.
Die Auswirkungen waren (die angeblich niemand bei der Einführung vorausgesehen hatte oder voraussehen wollte, was  entweder auf Dummheit oder auf Perfidie - Hinterlist und Tücke - schließen lässt) zum einen, dass die Ärzte und Schwestern mit einem Wust von Bürokratie belastet wurden, deren Zeitaufwand zulasten der Arbeit mit den Patienten ging. Das  Geld musste außerdem an die verschiedenen Krankenkassen abgeführt werden. Die Aufwendungen (die Lohnkosten für den Zeitaufwand in den Arztpraxen) waren insgesamt - vermute ich - höher als die Einnahmen. Konnte ein Kranker die 10 Euro nicht sofort bezahlen, musste der Arzt das Geld im Nachhinein eintreiben, denn abweisen konnte er den Patienten ja auch nicht.
Die zweite Auswirkung (die besonders zynisch-pervers-perfide) war, dass die armen Leute (Hartz IV, Rentner mit sehr geringer Rente) nun bei beginnenden gesundheitlichen Problemen oft nicht zum Arzt gingen. Mitunter verzögerten sie auch den Arztbesuch ins neue Quartal hinein,um nicht kurz hintereinander zweimal die 10 Euro "abdrücken" zu müssen. Ging die Krankheit nicht von allein wieder weg und war die ärztliche Behandlung dann unvermeidlich, erfolgte diese dann in einem Stadium, in dem die Kosten wesentlich höher waren als bei einer Behandlung im Anfangsstadium. Ich fürchte, es gab auch Todesfälle, aber darüber hat man nichts erfahren.
• Predigt, Prediger, predigen
Das "EKD-Zentrum für evangelische Predigtkultur" ist in Lutherstadt Wittenberg angesiedelt. Hier gibt es auch das "Predigerseminar" und die "Predigtkirche Martin Luthers". Das ist Anlass genug für mich,  mich mit dem Wort "predigen" in seiner ganzen Vielfalt zu beschäftigen.
Da gab es doch für uns als Kinder die viel gefürchtete "Strafpredigt", an die ich zuerst denken muss.

Offenbar hat der Volksmund in diesem Wort schon wesentliche Elemente der Predigt aufgegriffen, sie sozusagen als bekannt vorausgesetzt: einer hat die Redegewalt, der andere / die anderen müssen schweigen und zuhören. "Die Macht des gesprochenen Wortes" hat sich auch in anderen Varianten von monologisierender Kommunikation fortgesetzt: in der Schule, beim Studium, im Bundestag usw. Vortrag, Vorlesung, Ansprache - sicher gibt es noch mehr Varianten der Rede.
Das "Rufen" gehört nicht dazu.

Predigen bedeutet im eigentlichen Sinne, das Wort Gottes zu verkünden. Oder heißt es  "verkündigen"?
Es kommt - logisch - aus dem Lateinischen, von "praedicare", das "öffentlich ausrufen, verkünden, aussagen" bedeutet.

In einer  Broschüre, die aus Anlass des 500. Jahrestages der Reformation von der EKD (Evangelische Kirche in Deutschland) herausgegeben wurde - "GOTT NEU VERTRAUEN" -
(Download ist möglich unter www.gott-neu-vertrauen.de/sites/default/files/downloads/ Reformationsmagazin_Doppelseiten02.pdf »externer Link«  - Stand 11.10.2016 Achtung - der Link selbst ist OK, die hier genannte URL enthält zusätzlich ein Leerzeichen)
finde ich unter der Überschrift "Neue Wege zur Predigt" spannende Gedanken über das Predigen (S. 96).

Einschub:
Ein mir neues Wort "Homiletik" taucht auf, das ich erst einmal nachschlagen muss: die Wikipedia verrät, dass das Wort aus dem Griechischen kommt "homiletike techne = die Kunst des Umgangs ... mit Menschen" und dass dieses Wort in der Theologie die "Predigtlehre"meint.
Eine Predigt kann man nach Wesen, Inhalt, Gestaltung einordnen. Der Prediger leistet "Hirtendienst". Es gibt "Textpredigt" und "Themapredigt". Der Prediger muss die Balance zwischen Neuheit, Richtigkeit und Wichtigkeit seiner Predigt halten.


Über die Aufgaben des Zentrums für Predigtkultur erfahre ich in der Broschüre:
"Zielsetzung des Zentrums ist es, die Kultur und Praxis evangelischer Predigt im Horizont gegenwärtiger Sprachkultur effektiv und nachhaltig zu fördern." Die "Lust an der Predigt" kann nur gefördert  werden, "wenn es gelingt, sie aus einem Bewertungsdiskurs herauszuholen und in einen Beratungsdiskurs zu überführen."
Die Predigerinnen und Prediger werden "auf dem Weg zu einer wirksamen und glaubwürdigen Predigtsprache und zu einem überzeugenden Predigtauftritt mit Methoden aus dem systemischen Coaching begleitet."
Nach der "Predigtsprache" und dem "Predigtauftritt" folgen noch "Predigtmanuskript", "leichter objektivierbare Aspekte der Predigt", "Predigtcoaches", "Predigtkunst", "Predigtvorbereitung", "Predigtideen" und "Predigtentwürfe".
Der Predigt-Slam (eine Spezialversion von Poetry-Slam für Pfarrer, Vikare und Theologiestudenten, der auch hier in Wittenberg jährlich praktiziert wird) wird ebenfalls erwähnt: der hat sich "mit einer neuen Lust an Sprache und Auftritt in ganz Deutschland verbreitet."
Man will auch, "die kirchliche Binnensprache aufbrechen und neue, wirksame Worte für die Inhalte des Glaubens finden" Und zum Schluss geht es um "eine neue Begeisterung für die Predigt".
Das Predigen geht übrigens auf Jesus zurück, der "mit Vollmacht" predigte, wie die Bibel berichtet.

Mit der Predigt sollen die Gemeindemitglieder belehrt und zum Handeln motiviert werden.
Ich suche noch einige weitere Worte rund ums Predigen:
Es gibt das Predigtamt, die Predigtgestaltung, Kinderpredigt usw.

Die "Moralpredigt" hat eher einen negativen Beigeschmack,  soll die Kritik an einem Redner in einem Wort bündeln. Berühmt ist der Ausspruch von Heinrich Heine: "Sie predigten Wasser und tranken Wein." Es macht mir Sorge, dass die Methodik des Predigens so außerordentlich wichtig erscheint. Mit kleinen rhetorischen Tricks hat schon mancher verstecken können, dass er inhaltlich nicht viel zu bieten hat.
• Profit, profitieren, ...
Profitgier - Gier ist eine der sieben Todsünden

profitieren:
Man glaubt es gar nicht, wer so alles von irgendetwas "profitiert". Z. B. haben rund 4 Millionen Menschen in Deutschland von der Einführung des Mindestlohnes "profitiert". Für die meisten bedeutet das trotzdem, dass die Einkommen "unter der Armutsgrenze" liegen. Früher, als es den Mindestlohn noch nicht gab, als Menschen also noch weniger von ihrer Händer Arbeit leben konnten, haben andere von den teilweise "unter aller Würde" liegenden Billiglöhnen profitiert.
Da gab es z. B. die "Geringverdiener", "Niedriglohnempfänger" und "Aufstocker" (auch so ein schönes Wort), die nur durch zusätzliche "Steuergeschenke" in Form von Hartz-IV-Zahlungen überhaupt existieren konnten. Es war also nur ein Steuergeschenk an Ausbeuter, das den Umweg über den unterbezahlten Mitarbeiter nahm. Nun, mit der Einführung des Mindestlohnes, können solche Unternehmer also nicht mehr so viel  Profit machen. Oder?
"Weil Frauen überproportional häufig Stellen mit schlechter Bezahlung haben, profitieren sie häufiger vom Mindestlohn als Männer." (MZQuelle MZ 07.04.2016, S. 19)

Weitere Beispiele: "Die Kunden des Jobcenters profitieren dabei von der guten Situation am regionalen Arbeitsmarkt." und "Alleinerziehende mit Kindern profitieren nicht von der positiven Entwicklung. Sie erzielen mit ihrer Erwerbstätigkeit oftmals kein ausreichendes Einkommen, um den Transferbezug zu vermeiden."(aus dem Bericht der Agentur für Arbeit, Agenturbezirk Dessau-Rosslau-Wittenberg, Amtsblatt des Landkreises vom 28.05.2016, S. 4)

Allgemeiner gesagt: das Wort "profitieren" wird auch dort verwendet, wo man früher einfach "nutzen" oder "helfen" sagte,
z. B.:
Es war nützlich für die Stadtgestaltung.
Dieses Geld hat unserem Verein geholfen, sein Vereinshaus einrichten zu können.

Noch früher gab es einmal das Wort "segensreich", "das war ein Segen" an der Stelle von "profitieren".
"Das war ein Segen für unsere Schule, dass die Turnhalle endlich gebaut werden konnte."
"Die Menschen erleben das als Bereicherung ihres Lebens."

Selbst das Wetter bleibt nicht davon verschont, dass jemand davon "profitiert":
In der "Tagesschau" am 25.11.2018, 20 Uhr, hieß es in der Wettervorhersage:
"Der Norden profitiert von einem Hoch."

"Profitieren" ist eigentlich nur dann möglich, wenn "Profit (Gewinn) gemacht" wird, es sich also um einen Geldbetrag handelt.
Dass die Worte "Profit" und "profitieren" zunehmend im übertragenen Sinne auch für andere Bedeutungen - Nutzen, Vorteil, Hilfe, Segen, Erleichterung, ... - verwendet wird, zeigt, wie sehr das marktwirtschaftliche Denken alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens überschwemmt hat.
• Protest, Protest-, Protestanten, Protestantismus
Die AfD z. B. ist eine
"Protestwählerpartei, die vor allem Männer anziehe, da sie ein offensiveres Protestverhalten an den Tag legten"
und
"Vor allem ältere Frauen lebten keine vergleichbare Protestkultur" - das erfährt man in der MZ vom 26.01.2016 auf S. 2 im (gefühlt) mindestens 10. Beitrag in diesem Jahr in dieser Zeitung, der einen  Stimmenanteil für die AfD bei den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt  im März 2016 im zweistelligen Bereich bzw. von  möglicherweise "15%" voraussagt.
Nun, im Mai 2016 (die verheerenden Wahlergebnisse - AfD in Sachsen-Anhalt mit knapp 24 % - sind Geschichte) will - so liest man es zumindest in der MZ - nun auch die LINKE "sich wieder als Protestpartei ... gerieren".

"Wanderungsintensives Protestpotential"  - diese vor langem gehörte Formulierung gefällt mir. Darauf muss man erst einmal kommen, das ist schon die höhere Stufe der Sprachbeherrschung. Sie klingt neutral und objektiv, hat aber einen gewissen gehässigen, abwertenden Unterton, gibt nur vor, eine objektive und sachliche Einschätzung vorzunehmen. Satirisch ist diese Formulierung also nicht gemeint. Satire trägt in der Aussage die Botschaft der Überspitzung und eine heitere, humorige Komponente immer schon mit.
Leider weiß ich nicht mehr, wer diesen Ausdruck gegen wen verwendet hat.

Ein Protest ist das gleiche wie eine Störung. Anders gesagt, ein Protest ist IMMER eine Störung für den, gegen dessen Handeln oder Reden protestiert wird. ABER - nicht jede Störung ist ein Protest. Störung ist sozusagen der allgemeinere Begriff gegenüber "Protest".
Wenn es also gelingt, den Protest eines Menschen oder einer Gruppe unter dem allgemeineren Begriff Störung abzuhandeln, muss der Inhalt oder die Berechtigung des Protestes nicht mehr diskutiert werden. Denn der Begriff "Störung" ist allgemein-negativ besetzt. Protest kann  unter Umständen berechtigt sein und damit positiv bewertet werden. Das kommt ganz auf die Umstände an und auf diejenigen, die den Protest bewerten.
Jüngstes Beispiel ist der Chemieprofessor Thomas Rödel von der Hochschule Merseburg (über dessen Protest und die Form desselben man durchaus geteilter Meinung sein kann). Die MZ schreibt am 28.01.2016 auf S. 1:
Der [Professor Rödel] hatte eine Veranstaltung mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Halle mit einer Protest-Aktion gestört.
Protestierende, Protestler

Protestanten, Protestantismus
Das Wort "Protestant" war ggf. in den Anfängen als Schimpfwort gedacht. Heute steht der Protestant und der Protestantismus als besonders von der katholischen Kirche verwendete Begriffe für Anhänger der Kirchen und Lehren, die im Zuge der von Luther eingeleiteten sogenannten "Kirchenspaltung" entstanden.
Ich kannte diese Gruppe der Christen nur als "evangelische Kirche".

Nun erlebt der Protestantismus als Begriff auch innerhalb der evangelischen Glaubensgemeinschaften (der Lutheraner, der Calvinisten usw.) offenbar eine neue Aufmerksamkeit:
"die Protestantismus-Karte spielen"
Diesen bemerkenswerten Ausdruck habe ich in der MZ vom 25.01.2013 auf S. 22 gefunden. Da ging es um den Antrag auf den "Welterbe-Titel" für die Franckeschen Stiftungen Halle. Der Kultusminister  Sachsen-Anhalts, Stephan Dorgerloh, wurde zitiert (Hervorhebung im Text von mir - B.K.): »Wichtig ist, dass wir die Protestantismus-Karte spielen«, sagt Stephan Dorgerloh. »Es gibt sehr wenig originäre Stätten des Protestantismus auf der Erbeliste. Da passt der steingewordene Pietismus gut hinein.«