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SPRACHLIEBE - MIT LUST UND LIEBE SPRECHEN

WORTSAMMLUNG VON A BIS Z  - I

Zuerst kommt die Sammlung, dann folgen Anmerkungen zu einzelnen
Wörtern
.

Die Sammlung


• Ich-AG (Unwort des Jahres 2002 wegen der "Reduzierung von Individuen auf sprachliches Börsenniveau" - siehe Wikipedia "Unwort des Jahres")
• Idiot
Idiotentest (scherzhaft für die MPU, die Medizinisch-Psychologische Untersuchung in Sachen Autofahren)
• illegal, als illegal bezeichnet
• impfen, Impfungen
• Imponiergehabe (vorwiegend bei Männchen im Tierreich zu finden)
• Impulsgeber, Impulsveranstaltung
• in die Kassen spülen (Schubkasten gefloskelt)
• Index (z. B. Wohlstandsindex - siehe auch Wohlstand)
• Industriekulturstadt, Industriekulturlandschaft
• Inflation, Inflationsdynamik (Schubkasten markt-deutsch)
• Informationshinweis (eine Mitteilung der Stadt Wittenberg im Amtsblatt Nr. 7/2021 ist so überschrieben - so wird Wittenberg aber nicht "Hauptstadt der deutschen Sprache) (Schubkasten doppelt gemoppelt)
• Infrastruktur
Infrastrukturabgabe (Kurzwort "Maut", war auch für PKW geplant, ist dann krachend gescheitert)
Infrastrukturabgabebescheid, Infrastrukturabgabebehörde, Infrastrukturabgabengesetz, Infrastrukturabgabesystem,
Infrastrukturfinanzierung
• Inhaltismus
• Innenstadtbelebung
• Insider, Insiderhandel (Schubkasten markt-deutsch)
• Insolvenz, Insolvenzverschleppung (Bankrott;
Schubkasten markt-deutsch)

• Integration (Schubkasten Zeitgeist)
• Interessenbekundungsverfahren
- ~, nichtförmliches (Schubkasten gaanz laange Wörter - 29, und amtsdeutsch)
• internationaler Nietzsche-Preis (Schubkasten Titel, Ämter, Berufe ... - und Ehrenzeichen)
Investitionsschutzgericht (für CETA, TTIP)
• Investitionsstau (siehe auch Hausaufgaben bzw. Sachzwänge; Schubkasten beschönigend)
• Irrgarten (Achtung - das ist nicht das gleiche  wie ein Labyrinth)
• Irrglaube, ein offenbar immer beliebter werdendes Wort anstelle von
"Irrtum"

• Isolationismus
• itzt, itzo (veraltet für "jetzt"; Schubkasten alt-deutsch, selten bis
ausgestorben)

Die Anmerkungen zu einzelnen Wörtern


• illegal, als illegal bezeichnet
Wenn jemand schreibt, dass etwas "als illegal bezeichnet" wird, dann ist er offenbar der Meinung, dass es nicht wirklich illegal ist.
"Illegal" und "legal" sind das Gegensatzpaar rund um die Frage, ob eine Handlung "gesetzeskonform", nach dem Gesetz gestattet oder eben per Gesetz verboten ist.
Eine "rechtliche Grauzone" ist insbesondere dann  denkbar, wenn infolge neuester Entwicklungen (z. B. Technik, Wissenschaft, internationale Beziehungen) Handlungen oder Tatbestände überhaupt noch nicht von Gesetzen erfasst werden konnten, also Gesetze fehlen. Dann kann man auf diesen Sachverhalt weder das Wort "legal" noch das Wort "illegal" anwenden.

In dem MZ-Artikel (19.04.2016, S. 3 findet sich die Unterzeile "GLÜCKSSPIEL Seit Jahren kämpft Sachsen-Anhalt in der ersten Reihe gegen Sportwettenanbieter. Kurz vor der Fußball-EM blüht die als illegal bezeichnete Branche im Land trotzdem auf." Das Problem ist, dass sich europäisches und deutsches Recht in den Haaren liegen und dadurch ein "rechtsfreier Raum" enstanden ist. Steffen Könau, der Autor des Artikels, schreibt "Ein schwerer Fall von fortgesetztem Rechtsstaatsversagen" sei das.
Ein "rechtsfreier Raum" liegt vor, obwohl  Werbung dafür nun wieder illegal (also verboten) ist. MZ zitiert das Innenministerium von Sachsen-Anhalt: "Aber das Innenministerium hält an der Aussage fest, dass Sportvereine, die »Werbung für Anbieter ohne Erlaubnis machen, verbotene Werbung für unerlaubte Glücksspiele« machen."Das Problem hat noch einen weiteren Aspekt: Die Glücksspielanbieter können kein Gewerbe anmelden, die Genehmigung würde ihnen in dieser Rechtssituation versagt - und  sie können oder müssen daher auch keine Steuern zahlen.
• impfen, Impfungen
Man glaubt es gar nicht, wie viele Worte es rund um diese Prävention gegen Krankheiten gibt. Zuerst kommen natürlich die "Impfgegner", die oft in einer Kiste mit den "Verschwörungstheoretikern" liegen. Die gemäßigteren bekommen die Bezeichnung "Impfkritiker" oder "Impfskeptiker" (die zeigen dann "Impfskepsis") verpasst, die Folgen des "Nichtimpfens" werden beschworen. Diese Kritiker behaupten gern, dass ihre Gegner (die die Impfungen befürworten und gegen die Kritiker auftreten), von der Pharmaindustrie finanziert würden. Gegen dieses Argument der Kritiker zumindest scheint es einen Rechtfertigungsdruck bei Impf-Befürwortern zu geben.
Es gibt "Impfstoffe", z. B. den "Masern-Impfstoff" - das macht stutzig, sollte es nicht ein "Anti-Masern-Impfstoff" sein? Gegen die Kinderlähmung gelang es, eine "Schluckimpfung"  zu entwickeln. Ich glaube, die wurde in der DDR sogar früher als in der alten BRD - 1965 - eingeführt. Dort, in der DDR, gab es auch die "Impfflicht" - man bekam dann z. B. Postkarten mit der Aufforderung, sich zur "gesetzlich vorgeschriebenen" Impfung dann und dann dort und dort einzufinden.  Wo es die nicht gibt, sinken die "Impfraten", das Volk ist dann nicht mehr ausreichend "durchgeimpft". Dann ist die "Durchimpfungsrate" bzw. "Impfquote" zu niedrig, um eine Ansteckung zu verhindern und es kann dann zu einer "Impfkrise" bzw. "Impflücke" kommen". (siehe zur "Lücke" auch die WORTSAMMLUNG VON A BIS Z - LÜCKE UND LOCH)
Der "Impfstatus"  eines Menschen gibt an, welche Impfungen er wann erhalten hat bzw. welche er aktuell benötigt. Früher, in der DDR, hatten die Menschen von Geburt an einen "Impfausweis". Bis heute bitten Ärzte gern, diesen zur Sprechstunde mitzubringen, um eben diesen Impfstatus zu überprüfen.
Wer eine Impfung über sich hat ergehen lassen, ist ein "Geimpfter". Das hat noch nichts mit der Verwendung des Wortes im übertragenen Sinne zu tun.  Auf geistigem Gebiet gibt es diese Formulierung "etwas eingeimpft bekommen" auch: das kann eine Idee, ein Gedanke, ein Verdacht sein.
Es gibt den "Dreifachimpfstoff", der gleich gegen drei Krankheiten wirken kann. Ein Impfstoff muss eine "Zulassung" haben.
Den Imfgegnern gefallen vor allem die Zusatzstoffe und Konservierungsstoffe in den Impfstoffen nicht. Sie halten sie für gefährlich. Über "Impfschäden" bzw. "Impfkomplikationen" gibt es zwar keine Statistiken, jedoch ein Bewertungssystem der Weltgesundheitsorganisation zu möglichen Meldungen darüber: Es gibt Kriterien, ob ein "ursächlicher Zusammenhang" zwischen Impfung und Schaden  als "gesichert, wahrscheinlich, möglich, unwahrscheinlich oder auch wegen fehlender Daten gar nicht zu beurteilen ist". Die Variante "mit Sicherheit auszuschließen" scheint es dabei nicht zu geben.  Erfasst werden mögliche Impfschäden von den Bundesländern, wo man auch einen "Antrag auf Anerkennung eines Impfschadens nach dem Infektionsschutz-Gesetz" stellen kann. Offenbar werden die wenigen Anträge entweder gleich abgeschmettert oder in einem langen Klageverfahren behandelt.
Die Informationen zu diesem Text habe ich entnommen der MZ vom 14.07.2016, S. 3.

Das Thema interessiert mich übrigens brennend, wäre ich doch im Jahr 1964 u. U. an einem solchen Impfschaden - einem ganz direkten:  heftigte Abwehrreaktion meines Körpers nach einer Pockenschutzimpfung - fast gestorben. Penizillin hat mich damals gerettet, allerdings mein Immunsystem dabei nachhaltig beeinflusst. Ich sehe mich trotzdem nicht als "Impf-Opfer" und ich halte die Schutzimpfungen nach wie vor für wichtig und notwendig! Auch wenn es keine absolute "Impfsicherheit" geben kann.

Eine hübsche Vorgeschichte zur Erfindung der Pockenschutz-Impfung gibt es unter
MEDIZIN-GESCHICHTE  (Der Blatternkauf von Trebitz, über das Menschenpockenbelzen - in GRUNDFRAGEN DER PHYSIK UND DER WISSENSCHAFT
» WISSENSCHAFTS- GESCHICHTE)

• Index
Wenn ein Buch "auf dem Index steht", dann ist es verboten: es darf nicht gedruckt oder in Umlauf gebracht, vermutlich darf man es dann nicht einmal besitzen. Am berühmtesten ist der "Index" des Vatikan. Als die Liste der verbotenen Bücher zum Bestseller avancierte, weil man so eine schnelle Übersicht besonders lesenswerter Bücher bekam, kam der Index - so wird zumindest erzählt - selbst auf den Index.
Ein anderes Wort für "auf den Index kommen" ist "Zensur". Beides meint, dass es eine Instanz gibt, die anderen vorschreibt, was diese sagen oder schreiben dürfen.

Nun sprießt das "Index-Wesen" oder "-Unwesen" in neuer Gestalt sprachschöpferisch-unerschöpflich weiter, glücklicherweise in etwas anderer Bedeutung.
Der "Wohlstandsindex" meint natürlich nicht, dass der Wohlstand "zensiert" wird.
Es gibt auch den "Demokratieindex" der Zeitschrift Economist, das World Justice Project ermittelt den "Rechtsstaatlichkeits- und Korruptionsindex".
Die Suche auf meinem Computer bringt zahlreiche weitere "Indizes" oder "Indexe" zum Vorschein:
- den "Globalen Index zu Religiosität und Atheismus" der Forschungsgruppe Fowid
- den "Sichtbarkeitsindex" in Suchmaschinen
- den "Lesbarkeitsindex" von Webseiten,
- den "Life Quality Index" / Index der Lebensqualität
- den "Glücksindex"
- den "Index der menschlichen Entwicklung".
Ich werde weiter achtgeben.
Natürlich muss jede Website eine Startseite haben, die normalerweise mit "index.php" bezeichnet wird.

• Integration
Integrationsdebatte, Integrationsvereinbarung, Integrationskurse, Integrationswille, Integrationsbeauftragte oder Integrationsbeauftragter,
"Viele Türken sind integrationsresistent."
(WELT online 05.07.2017, www.welt.de)
• internationaler Nietzsche-Preis
Es geht beim diesem Nietzsche-Preis nicht um das Wort als solches, sondern um einen Text  über diesen Preis:
Früher wurde ein Nietzsche-Preis vom Land Sachsen-Anhalt vergeben. Dann kam man auf die Idee, diesen und weitere frühere Literaturpreise abzuschaffen und durch den einheitlichen Klopstock-Preis zu ersetzen. Das passte den Nietzsche-Anhängern nicht, sie suchten neue Partner und so wurde im Oktober 2015 der erste "Internationale Nietzsche-Preis" verliehen, an Martin Walser.

Wie wichtig solche Preise sind, lässt der Bericht der MZ vom 19.10.2015, Seite 26 erkennen. Und er wirft die Frage auf, wie wertvoll alte Preise noch sind, wenn der Preis nicht mehr vergeben wird. (Man denke sich nur, der Nobelpreis würde nicht mehr vergeben werden und dadurch alle bisherigen Nobelpreisträger "im Regen stehen".)
(Hervorhebung im Text von mir - B. K.):Sachsen-Anhalts Regierungschef, der CDU-Politiker Haseloff ... hat mit seinem Grußwort, in dem er sich zu Nietzsches beeindruckender Sprachwucht bekannte, die Kuh gewissermaßen vom Eis geholt - freilich ohne explizit auf die Peinlichkeit des abgewickelten Landes-Preises (und der damit im Regen stehenden bisherigen Nietzsche-Preisträger) eingegangen zu sein.
• Investitionsstau
Für dieses Wort gilt ähnliches wie für das bei Politikern ebenfalls sehr beliebte Wort von den "Sachzwängen": immer dann, wenn jemand in der Vergangenheit "seine Hausaufgaben nicht gemacht hat" (siehe auch "Hausaufgaben"), also geschlampert hatte, seinen Pflichten im Amt nicht nachgekommen war, beschönigt man diesen Zustand. Beim Wort "Investitionsstau" kann man sicher sein, dass es sich hierbei immer um Schönfärberei, um das Verstecken von Schlampigkeit, Nachlässigkeit und Verantwortungslosigkeit handelt.
Laut einer KfW-Studie beträgt der "Investitionsstau" für Schulen in Deutschland inzwischen 34 Mrd. Euro. In der MZ vom 26.09.2016, S. 22, kann man lesen: Der schlechte Zustand der Schulen in Deutschland erschwert Bildungserfolge und schadet langfristig der Wirtschaft. Der Investitionsstau betrage inzwischen 34 Milliarden Euro, ergab eine am Wochenende veröffentlichte KfW-Studie, die sich auf Angaben der Kämmerer der deutschen Kommunen beruft.