banner fri - FRIDOLIN, DIE GESCHICHTE EINES ATOMMODELLS
DIE PHYSIKERINNENTAGUNGEN 2003 UND 2007
DENKMÖGLICHKEIT FÜR EIN NEUES ATOMMODELL
Ein Lesematerial für die Physikerinnentagung 2003 in  Augsburg

Einleitung

"Jungen sind besser in Mathematik als Mädchen!"*

" ....dass Frauen in der Physik ein Unbehagen empfinden, wegen der männerdominierten Arbeitsstrukturen und Vorgehensweisen, aber auch wegen eines oft schwer definierbaren Gefühles von Fremdheit dem Fach, seinen Inhalten und Methoden gegenüber. ... Ferner können Frauen ihr Interesse an Naturerkenntnis und Naturnutzung nicht verwirklichen - dieses Interesse ist sehr wohl bei vielen Frauen vorhanden, sie erkennen es aber in den Formen der patriarchalen Naturwissenschaft sehr oft nicht wieder." **

"Trotzdem sollten wir uns auch die faszinierende und für gelernte Physikerinnen wirklich irritierende Frage stellen: Sind vielleicht sogar in diesen reduzierten wissenschaftlichen Inhalten patriarchale Denkmuster verborgen?." ***

* sagte mein Mathematik-Lehrer in der 5. Klasse zu mir (ohne Kommentar)
** Rosemarie Rübsamen:
Die Physik - Elemente zu einer feministischen Wissenschaft
;
in: „Elfenbisse – Feministische Naturwissenschaft“
Hg. Dagmar Heymann; NUT – Frauen in Naturwissenschaft und Technik e. V.,
Schriftenreihe Band 2 1995, Talheimer Verlag,
ISBN 3 – 89376 – 056 – 3; S. 94
*** a. a. O., S. 105
(farbliche Hervorhebungen in den Zitaten von mir - B.K.)

"So ein Quatsch, diese sogenannte »feministische Wissenschaftskritik«! Wissenschaft ist objektiv. Es gibt keinen Unterschied zwischen den wissenschaftlichen Erkenntnissen von Frauen und Männern. Die Relativitätstheorie**** würde genauso aussehen, wenn eine Frau sie erarbeitet hätte."

Diese Sätze (sinngemäß wiedergegeben) sagte mir ein guter Freund, ein promovierter Wissenschaftler, im Februar 1996. In fataler Weise wurde ich an meinen Mathematiklehrer erinnert, der genau das Gegenteil behauptet hatte. Der eine sagte, das Geschlecht spiele keine Rolle, der andere sagte, natürlich spielt das Geschlecht eine Rolle in Bezug auf wissenschaftliches Leistungsvermögen.
Für mich war nach jenem Gespräch im Jahr 1996 jedoch nur wichtig:
zum ersten Mal hatte ich gehört, daß es eine „feministischen Wissenschaftskritik“ gibt. Dieser Gedanke veränderte mein Leben grundsätzlich. Nun wollte ich es ganz genau wissen:

Denken Männer und Frauen
auch in der Wissenschaft unterschiedlich?
Früher, als von (männlichen) Lehrern mein »ausgeprägtes Abstraktionsvermögen« und mein »hervorragendes logisches Denkvermögen« gelobt wurde, war ich ganz stolz, sagen zu können:
"Ich denke wie ein Mann."
  Die rationale Art des Erkennens, das Abstrahieren und logische Denken, machte mir großes Vergnügen. Erst ab 1996, als ich über diese Fragen nachzudenken begann, merkte ich, daß ich nur „halbe Sache“ gemacht hatte, dass ich meine weiblichen Möglichkeiten, erkennen zu können, völlig vernachlässigt hatte.
______________
**** Natürlich hätte die Idee zu „meinem“ Atommodell auch von einem Mann kommen können!

Als sie nun ein Brünnlein fanden, das so glitzerig über die Steine sprang,
wollte das Brüderchen daraus trinken;
aber das Schwesterchen hörte, wie es im Rauschen sprach:
"Wer aus mir trinkt, wird ein Tiger; wer aus mir trinkt, wird ein Tiger."
Da rief das Schwesterchen:
"Ich bitte dich, Brüderchen, trink nicht, sonst wirst du ein wildes Tier und zerreißest mich." *


In der nächsten Zeit mußte ich bald erkennen: Selbst innerhalb des angeblich "männlichen" rationalen Denkens gibt es zwei verschiedene Methoden. Ausgewählte Gedanken hierüber finden sich im ersten Abschnitt „Denkmöglichkeiten“. Nach einigen Ergänzungen zur Geschichte des Atombegriffs in 2. geht es in 3. und 4. um die Denkmöglichkeit für ein neues Atommodell.
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* Märchen "Brüderchen und Schwesterchen" (Gebrüder Grimm)
Im Anhang über Frauenwissen steht, warum ich diese Stelle hier erwähne:
es gibt ein Frauenwissen, zu dem Männer nur in Ausnahmefällen Zugang haben.