banner fri - FRIDOLIN, DIE GESCHICHTE EINES ATOMMODELLS
FRIDOLIN
DIE GESCHICHTE EINES NEUEN MODELLS VON DER STRUKTUR DER MATERIE
DIE VORGESCHICHTE (1955 - 1998)

VON DER PHYSIK ZUR PHILOSOPHIE

Die nächsten zwanzig Jahre, von 1970 bis 1989, werden nun sozusagen im Schnelldurchlauf abgespielt.

Das Studium der Physik als intensivste Lebenserfahrung

Es war ein wirklich verdammt schweres Studium, am Ende des 1. Studienjahres wollte ich aufgeben. Ich versuchte, in die Berufspädagogik zu wechseln, die es für verschiedene Fachrichtungen an der TU Dresden gab. Das war nicht mehr möglich.
Langer Rede kurzer Sinn - ich hatte es in der vorgegeben Soll-Studienzeit von vier Studienjahren geschafft, mit ziemlich mittelmäßigen Leistungen, doch ich konnte nun stolz mein Diplom nach Hause tragen.
Wenn ich jetzt an dieser Stelle anfangen würde, über diese vier Jahre etwas mehr zu schreiben, würde es ein Buch werden.
Kurzum - es war die intensivste und prägendste Zeit meines Leben. Noch wichtiger als das rein fachliche Wissen selbst war für mich allerdings das Erlernen der wissenschaftlichen Denkmethode und Arbeitsweise - ein unbezahlbarer Schatz fürs ganze Leben.

Der Traum von einem Philosophiestudium

Die offiziellen Regelungen sahen weder Studienzeitverlängerungen über diese vier Jahre hinaus noch eine Möglichkeit für ein Anschluss-Studium vor. Nur, wer ein "Forschungsstudium" machen wollte mit dem Ziel, eine Dissertation zu schreiben, konnte bei entsprechenden Leistungen  dafür ausgewählt werden.

Einmal unterhielten wir uns gegen Ende des Studiums darüber, was wir wohl anschließend am liebsten machen würden. Da tauchte dieser Gedanke zum ersten Mal auf. Eher scherzhaft meinte ich:
            "Wenn ich jetzt das machen könnte, was mir am liebsten wäre,
             dann würde ich noch Philosophie studieren."

Es war ein phantastischer, unrealistischer Wunsch. Doch er war - einmal gedacht - nicht mehr aus meinem Kopf zu bekommen.
(In der Anmerkung  auf der Seite Planck, M. Zitate (1) geht es um Prof. Schöpf, meinen Professor für Theoretische Physik, der mich wohl indirekt zu diesem Wunsch inspiriert hatte.)

Der Sturz in den Alltag

Mein MannA1  hatte ebenfalls im Sommer 1974 sein Studium an der TU Dresden beendet und eine Arbeitsstelle an der Wittenberger Berufsschule gefunden. Mir war ein Arbeitsplatz in Halle (Saale) vermittelt worden, den ich nicht antreten wollte. Ich hatte Glück, im Arbeitsamt Wittenberg bekam ich einen Tipp, mich im VEB Gummiwerk Elbe in Wittenberg-Piesteritz zu bewerben. Das klappte auch. Es war halt eine Arbeit ... Die Details sind für Außenstehende langweilig. Für mich war es auch nicht das, was ich mir für den Rest meines Lebens vorgestellt hatte.

Der Traum vom Philosophiestudium war nicht vergessen ...
Autodidaktisch begann ich, das eine oder andere verfügbare Philosophiebuch zu lesen. Doch es fehlten mir die Möglichkeiten, mich mit anderen zu den philosophischen  Fragen, die mich bewegten, austauschen zu können.

Ein verlockendes Angebot

Es gab in der DDR nicht viele Möglichkeiten, aus dem Berufsalltag heraus noch ein Studium  beginnen zu können.
Betriebsbedingte Weiterbildungen (z. B. Meisterlehrgänge oder ein fachbezogenes Fernstudium) waren leicht möglich. Wer im Bereich der Geisteswissenschaften (also neben Philosophie, Geschichte oder Ökonomie z. B. Kulturwissenschaften) studieren wollte, hatte eigentlich fast nur die Möglichkeit, das im Rahmen einer Förderung durch die FDJ (Freihe Deutsche Jugend mit der Jugendhochschule), den FDGB (Freier Deutschen  Gewerkschaftsbund mit z. B. seiner Gewerkschaftshochschule) oder die SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands mit ihrer Parteihochschule) mit einem ordentlichen Hochschulabschluss / Diplom realisieren zu können.
Ich bekam ein Angebot der SED, das ein Studium an der Parteihochschule in Aussicht stellte. So wurde ich Lektor in der Bildungsstätte der SED in Wittenberg - kurz gesagt die Kopplung einer Tätigkeit als Lehrer und als Bibliothekar.
Diese Weiterbildung für Erwachsener zu gesellschaftspolitischen Fragen bestand vorwiegend in der Durchführung von Seminaren und umfasste verschiedene Themen, von der Ökonomie und Geschichte über - heute würde man sagen - Politikwissenschaften bis hin zur Philosophie, natürlich auf einem eher Basisniveau, für Anfänger.
Als Bibliothekar betreute ich eine Bibliothek mit rund viertausend Büchern. Dieses "Schlaraffenland aus Büchern" gab letztlich den Ausschlag für meine Entscheidung. Mir standen jährlich 3000 Mark für den Kauf von Büchern zur Verfügung - und das bei den geringen Preisen, die Bücher  in der DDR hatten.

Der Studienbeginn für das vorgesehene Fernstudium zögerte sich immer weiter hinaus. Schließlich wurde es an eine andere Tätigkeit gekoppelt: Philosophielehrer an einer Spezialschule der SED für Erwachsenenbildung außerhalb von Wittenberg. Nur ein Jahr nach Beginn dieser Tätigkeit und des Studiums kam es im Herbst zur Wende und damit zur Auflösung der Schule und zum Abbruch des Fernstudiums, unmittelbar nach meiner Prüfung im Fach Philosophie.

Was ich in damals noch nicht wusste:
Die in der DDR gelehrte Philosophie war zwar ein wissenschaftliches, hochdialektisches, sehr kluges und auf einem hohen Erkenntnisniveau stehendes Denksystem. Doch es war trotdem begrenzt in seinen Gedankeninhalten, seinem Basiswissen.

In NACH DER »WENDEZEIT« beschreibe ich das neue Wissen, das nach dem Ende der DDR auf mich einstürzte und mein gesamtes bisheriges Weltbild durcheinanderwirbelte.
Auch diese Erfahrung war notwendig, um dann im Sommer 1998 die Idee zu meinem "FRIDOLIN" denken zu können. ...
War etwa die Wende für mich gerade noch rechtzeitig gekommen?
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  Anmerkung A1
Mein (späterer) Mann und ich hatten uns im Mai 1970 kennengelernt. Wir standen beide kurz vor dem Abitur, jeder in einer anderen Wittenberger Schule. Wie sich zeigte, wollten wir beide im September ein Studium an der TU Dresden beginnen. Er studierte dort Berufspädagogik in der Fachrichtung für Bauberufe. Noch vor Ende des Studiums heirateten wir.

Die Vermittlung von Arbeitsplätzen durch die TU Dresden bzw. die Sektion Physik verlief so, dass Betriebe und Einrichtungen ihren Bedarf meldeten, die Stellenbeschreibungen wurde dann am Schwarzen Brett ausgehängt. Ich hatte diesen Arbeitsplatz, bei dem es um Forschung zu Schallschutzmaterialien ging, angenommen, um erst einmal überhaupt eine Arbeitsstelle zu haben, hatte beim Einstellungsgespräch schon signalisiert, dass ich mich um einen anderen Arbeitsplatz  in Wittenberg bemühe.