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SPRACHLIEBE - MIT LUST UND LIEBE SPRECHEN

WORTSAMMLUNG VON A BIS Z  - V


Neueste Wörter mit Kommentaren stehen am Anfang dieser Seite, ehe ältere Einträge folgen: 2022 und 2021 , danach die ältere eigentliche Wortsammlung und Texte zu einzelnen Wörtern.


• Die Doppeldeutigkeit im Wort "vornehm - vornehmen" (neu 15.03.2024)
Früher gab es die Formulierung von den "vornehmen Leuten", das war das, was ganz früher der "Adel" war und heute gern als die "Elite der Gesellschaft" bezeichnet wird. Auch eine "hohe Kultiviertheit" galt bzw. gilt als "vornehm" oder "Vornehmheit". Die nicht so vornehmen Menschen werden von solchen sich für "etwas besseres" haltenden Menschen gern verachtet und gelten als  kulturlos oder - wie man sie heute auch gern nennt: "bildungsferne Schichten".  Diese ihrerseits verachten dann retoure diese Leute, indem sie  ihnen Bezeichnungen wie "Angeber", "Schnösel" oder "Lackaffe" anhängen.
Neben der Bezeichnung eines Platzes in der gesellschaftlichen Hierarchie findet das Wort "vornehm" zahlreiche weitere Anwendungen: so kann es auch für "(sehr) dringend" oder "(sehr) wichtig" stehen:
"Das ist jetzt unsere vornehmste (dringendste, wichtigste) Aufgabe."

Andererseits gibt es das Verb "vornehmen" bzw. "sich (etwas, jemanden) vornehmen", das auf den ersten Blick nichts mit dem Adjektiv "vornehm" zu tun hat.
"Ich habe mir für heute noch nichts vorgenommen."
Man kann auch sehr schön eigentlich einfache Sätze damit "aufplustern":
Statt:
"Der Präsident zeichnete den Lebensretter aus."
kann man sagen:
"Der Präsident hat die Auszeichnung des Lebensretters vorgenommen."
Das ist ein klassisches Beispiel dafür, wie "Plusterer" oder "Aufbauscher" gern sprechen: sie machen aus Verben ("Tu-Wörtern", "Tätigkeitswörtern") Substantive ("Dingwörter") und verkomplizieren die Sprache ohne dabei mehr oder differenzierter etwas zu sagen.
Umganssprachlich wird auch gern statt "hervornehmen" einfach "vornehmen" gesagt.

Leider habe ich bei meinen Recherchen nichts herausfinden können über die Wortherkunft der beiden Wörter und ihren möglichen Zusammenhang.



• Verwahrlosung, verwahrlost, verwahrlosen (neu 31.12.2023)
Angeregt von einer Notiz in der Wikipedia über das Wort "Gosse" (siehe auch hier in der Sammlung "Gosse") habe ich einmal zu dem Wort "Verwahrlosung" recherchiert:
Die Wikipedia schreibt über die "Gosse" unter der Zwischenüberschrift "Aphorismus" (Stand Dez. 2023, weiter verlinkte Wörter sind in blauer Schrift gekennzeichnet):
Umgangssprachlich ist die Gosse der Ort, wo sich Obdachlose, Kleinkriminelle und verwahrloste Personen sammeln. Jemand ist "in der Gosse zuhause" oder "kommt aus der Gosse". ...
Der Link "verwahrloste" führt auf den Wikipedia-Eintrag über "Verwahrlosung", aus dem ich einen kleinen Auszug wiedergeben möchte:
Verwahrlosung bezeichnet einen Zustand, in dem die Mindesterwartungen, die die Gesellschaft an eine Person stellt, nicht erfüllt sind. Der Begriff ist vor allem jugendhilferechtlich, soziologisch, zunehmend aber auch ökonomisch definiert.
Die Wikipedia erwähnt, dass von Verwahrlosung vor allem alte Menschen oder Kinder und Jugendliche betroffen sein können und schreibt dann:
Es ist in Deutschland jedoch allgemein anerkannt, dass Verwahrlosung oft nicht selbstverschuldet ist.
(Den ausführlichen Text siehe de.wikipedia.org/wiki/Verwahrlosungexterner Link )
Ökonomisch verwahrloste Menschen - meint das, dass arme Menschen automatisch stärker verwahrlosen als die "Wohlstandsbürger"?

An dieser Stelle kann ich es mir nicht verkneifen, das Wort"Wohlstandsverwahrlosung" einzuwerfen. Irgendwo habe ich es vor längerem "aufgezappt". Es meint offenbar einen Zustand, in dem auch im Wohlstand lebende Menschen einer Art "Verwahrlosung" ausgesetzt sind, die ein Verhalten an den Tag legen, das durchaus als "außerhalb der Norm" stehend bezeichnet werden kann. Doch diese Typen sind dann nicht etwa sozial diskriminiert, die werden noch bejubelt und bewundert und beneidet. Sie wissen sicher, was ich meine.

Neu im Jahr 2022:

• Völlerei - das "Komaessen"
Der Eintrag passt recht gut zu dem nächsten, Verschwendung und Einsparung.
Völlerei als eine Form von Verschwendung, der Verschwendung von Nahrungsmitteln. Damit meine ich den Sachverhalt, dass es Menschen gibt, die mehr Nahrung zu sich nehmen, als der Körper wirklich benötigt - das "Mehr" ist also reine Verschwendung von Nahrungsmitteln.
Das ist ein wesentliches Kennzeichen "entwickelter Länder": man erkennt sie an dem hohen Anteil fetter und sehr fetter Menschen.
"Unterentwickelte" Länder haben demgegenüber einen hohen Anteil   "von Unterernährung betroffener" Menschen.  Ach nein, so heißt das ja gar nicht mehr, es heißt ja "Mangelernährung" und fasst alle die Menschen zusammen, die zu wenig Nahrung zur Verfügung haben (alt: hungern oder verhungern) und die, deren Nahrungszusammensetzung nicht gesund ist.
Vielleicht sollte man das Wort "überernährte Menschen" in den Sprachgebrauch aufnehmen. Das habe ich noch nie gehört.
(PS: Die Anregung zu dieser Notiz  hat mir ein FAZ-Artikel vom 30.09.2022 "Abnehmen Wie Restaurantkritiker Dollase schnell Gewicht verlor" gegeben, in dem dieser berühmte Restauranttester Jürgen Dollase einen Text aus seinem neues Buch vorstellen durfte:
"Völlerei. Das große Fressen", S. Hirsel Verlag.
In dem Artikel steht auch, dass Herr Dollase der Erfinder des Wortes "Koma-Essen" ist.
(notiert am 01.10.2022, FAZ-Artikel vom 30.09.2022) • Verschwendung und Einsparung
Unglaublich, aber wahr - dieses ewig nicht mehr gehörte Wort wird wieder "salonfänig". Sogar die FAZ hat jetzt - leider hinter Bezahlschranke - eine Artikelreihe gestartet: "SPAR-SERIE". Sie beginnt mit
"10 000 Möglichkeiten, wie sich Strom sparen lässt"
und gibt dabei die alt bekannten Tipps: vom Standby bis zu energiesparenden Großgeräten, die zum richtigen Zeitpunkt ausgetauscht werden müssen, ist alles dabei.  Martin Hock fragt u. a. ob "wirklich alle verfügbaren Lampen brennen" müssen oder "der Fernseher den ganzen Tag laufen (muss), obwohl er von allen ignoriert wird? Diese Art von Stromverschwendung ist leicht abzustellen ..."
Ja, da war das Wort  "Verschwendung" also wieder aufgetaucht.

Da hätte ich auch einen Vorschlag: Spart die ganze Papierwerbung ein. Diese Ressourcenverschwendung dürfte einen echten, einen richtig großen Effekt zeigen. Papier (Rohstoff Holz), Energie und vor allem Arbeitszeit vieler Menschen könnte hier eingespart werden. Auch bei vielen Touristenflügen kann man der Verschwendung Grenzen setzen: Was soll es, wenn Familien mit Kleinstkindern in die Dominikanische Republik fliegen, um dort am Strand rumzuliegen?
(notiert am 26.07.2022 - FAZ-Artikel vom gleichen Tag)

Zum Ende des Jahres 2021 wurde neu hinzugefügt:

• Vorkrisenniveau
Es geht um die Wirtschaftskraft eines Landes, vor allem natürlich um die deutsche, und um die Frage, ob diese bereits das Niveau "vor der Krise", nämlich der "Corona-Krise" erreicht hat.
Bei meiner Lesegewohnheit (die eher ein "Bild-Wiedererkennen-Lesen" als ein "Buchstaben-Lesen" ist) lese ich bei "Vorkrisenniveau" regelmäßig "Vorkriegsniveau" und muss mich dann "buchstabenlesend" vergewissern, was wirklich geschrieben steht. Ich werde vermutlich noch viel Zeit benötigen, ehe ich auch "Vorkrisenniveau" in mein "Bilderkennungsprogramm" übernommen habe. Hoffentlich gibt es das Wort dann gar nicht mehr.

PS 01.10.2022: Habe ich mich "verlesen" oder stand da wirklich etwas von Gaspreisen, die das "Vorkriegsniveau" nicht mehr erreichen werden trotz aller Deckelungsmaßnahmen? Es war gestern, aber ich weiß nicht mehr, in welchem Medium (Website, Zeitung) ich das las.

Die eigentliche Wort-Sammlung beginnt:

Vater und Vaterschaft
Vaterschaftsfeststellungsverfahren (34)
Vaterschaftsanfechtungsklage (früher: Ehelichkeitsanfechtungsklage) (Schubkasten gaanz laange Wörter)
Vatertag, Männertag, Herrentag, Tag des Herrn, Himmelfahrtstag (siehe auch Saufen in der Sammlung "S")

Verantwortung

Verböserung, verbösern

verbrannt (sein)
z. B. "In seinem Job ist er verbrannt." - statt "verbraucht oder "verschlissen"

Verbraucher
Verbraucherschutz, Verbraucherschützer,
Verbraucherzentrale

Verdacht
verdächtig, Verdächtigter (mutmaßlicher Verdächtigter)

Verdammnis
(Schubkasten kirchen-latein)


vereinnahmen
Das machen immer nur die anderen mit etwas oder jemandem. - (Schubkasten ideologisch-deutsch)

Verfahrensfehler
(Gegenstück zum "Formfehler")

Verfolgung
Verfolgungsnummer ("Ihre DHL-Verfolgungsnummer ist ...")

verfristet, Verfristung
(Schubkasten amts-deutsch)


Vergeltung
Vergeltungsschlag (Schubkasten krieger-deutsch)

›Vergewaltigungskultur‹ (Schubkasten ekel-sprech, siehe auch ausführlicher in der Wortsammlung Kultur )

vergrämen
Früher für Wild gebräuchlich, findet dieses Wort nun auch Anwedung für Asylbewerber und Flüchtlinge, z. B. in der "Vergrämungspolitik" - siehe auch die Wortsammlung zu Flüchtlinge)

verhohnepiepeln, Verhohnepiepelung
(Schubkasten Volksmund: "Du willst mich wohl verhohnepiepeln?"  - für "veralbern" oder "verarschen")

Verkehr
Verkehrsgericht, Verkehrsgerichtstag
Verkehrsunfallstatistik (23)
Verkehrswegebeschleunigungsgesetz (Vier-Wörter-Wort, 33)

Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz (41)
ein ganz, ganz seltenes "Fünf-Wort-Wort" und zum 31.10.2016
Es war zeitweise Rekordhalter  in der Buchstabenanzahl, direkt gefolgt vom
Verkehrswegeplanungsvereinfachungsgesetz (40).
(Schubkasten gaanz laange Wörter)

vermeintlich
Das sagen viele Leute, oft anstelle von "vermutlich". Es bedeutet jedoch laut Duden "irrtümlich glauben" - d. h. es enthält die Aussage: Da irrt sich jemand (aber gewaltig). Demgegeünber steckt in "vermutlich" die Aussage: So könnte es sein, aber ich bin mir nicht ganz sicher.

Vermögen
Hierbei ist die doppelte Bedeutung dieses Wortes besonders interessant - im "Haben-Denken" meint es den materiellen Besitz eines Menschen, im "Sein-Denken" meint es die Fähigkeiten eines Menschen, also das, was er "kann".)
Vermögensplaner (Schubkasten Titel, Ämter, Berufe, ...)

Vermarktung:
Vermarktung des eigenen Lebens

Verortung   (Schubkasten gefloskelt)

Verpflichtungsermächtigung(en) (26 bzw. 28 Buchstaben) 

verschieden (und der Unterschied zu "unterschiedlich")

Verschleierung   (Schubkasten Zeitgeist)

verschlimmbessern, Verschlimmbesserung

Verschmutzungsrechte
Handel mit Verschmutzungsrechten

Verschwendung
z. B. Rohstoffverschwendung

Versorgung (z. B. die Unterrichtsversorgung, die ist übrigens zur Zeit - April 2017 - in Sachsen-Anhalt nicht gesichert)
Versorgungssicherheit

Vertrauen
Man kann es z. B. gewinnen oder verspielen.
Vertrauensverlust, gern auch "massiver" (Schubkasten Zeitgeist)

Verurteilung, Vorverurteilung

Verweigerer

verweilen (Schubkasten alt-deutsch) - siehe auch: WORTE, DIE GUT TUN (in SPRACHLIEBE » SPRACHGENUSS)

Verwertungsinteresse (Schubkasten markt-deutsch)g

verzetteln, sich verzetteln (Schubkasten Bildsprache)

Verzicht, verzichten
Zum Beispiel kann man verzichten auf das Amt des Bundeskanzlers (vor der nächsten Wahl). Das meint dann, dass man auf etwas verzichtet, auf das man Anspruch hat!

Vetternwirtschaft
gern auch "Korruption" (Schubkasten markt-deutsch)

Vielweiberei

Vollpfosten

Vollzugslockerung (im Gefängnis) 

Voluntourismus (Verbindung von Freiwilligenarbeit und Tourismus, neuer Trend) - (Schubkasten Zeitgeist)

Vorbild, vorbildlich

Vormachtstellung
Diese spielt offenbar auch im Fußball eine Rolle: eine Mannschaft soll diese "ausbauen", hieß es in der Sendung "mdr aktuell" am 11.5. 2017, ab 19.30 Uhr.

Vorratsdatenspeicherung
(23 - Schubkasten polit-deutsch und gaanz laange Wörter)

Vorruhestandsregelungen
(23)

Vorstandsvorsitzender
(Schubkasten Titel, Ämter, Berufe, ...)

Vorrat
Vorratsdatenspeicherung (für anlasslose  Speicherung von Daten der Bürger)

Vorrecht

Vorschrift, vorschriftsmäßig (Schubkasten amts-deutsch)

vorsorglich
- z. B. Mitarbeitern "vorsorglich" kündigen

Vorurteil

vorwarnen
"Nachwarnen" hilft nicht mehr. Warnen genügt eigentlich.

Vorzeigeprojekt

vulgärdemokratisch
(dieses Wort habe ich zum ersten Mal gelesen am 07.12.2015) - (Schubkasten Zeitgeist?)

Texte zu einzelnen Wörtern

• Verantwortung
Verantwortung, Verantwortlichkeit, Verantwortungsbewusstsein, Eigenverantwortung, Selbstverantwortung:
Kann man die Bedeutungsnuancen zwischen diesen Begriffen erkennen?
Der Unterschied zwischen "Verantwortung" und "Verantwortlichkeit" hat es dem Klatschweib ganz besonders angetan, nachdem es auf der Website für Besucher und Touristen in Wittenberg auf diese Formulierung gestoßen war:
"Ein Grundsatz des evangelischen Glaubens ist die Verantwortlichkeit vor Gott für das, was wir tun und wie wir unsere Mitmenschen behandeln. Mit ihrer Ausstellung echter Flüchtlingsboote im Schwanenteich Wittenbergs wollen Studierende der Fachhochschule Salzburg den Besuchern ihre Verantwortlichkeit gegenüber diesen hilfesuchenden Menschen verdeutlichen."(aus www.lutherstadt-wittenberg.de/luther-2017/weltausstellung-reformation/exterer Link-  jüngst angesehen am 17.01.2017)
Warum spricht man hier von "Verantwortlichkeit" statt von "Verantwortung"? Recherchen ergaben durchaus Differenzierungen, doch sind sie für den alltäglichen Gebrauch des Wortes "Verantwortung" nicht so wichtig, bleiben eher im Schubkästchen der "Wortklaubereien" stecken.
Aus meiner Sicht ist die Verwendung des Wortes "Verantwortung" konkret auf ein "Objekt" bezogen, für das ich mich (jemand sich) verantwortlich fühlen kann.  "Verantwortlichkeit" ist demgegenüber abstrakt-allgemein-unverbindlich, ist hochtrabendes Ersatzwort für "Verantwortung. Dieses Wort  "verschluckt" die konkrete Verantwortung, wird im Alltag zur Worthülse, ist dort überflüssig. Immer, wo es hier verwendet wird, kann es  sinnvertiefend durch "Verantwortung" ersetzt werden.
Auf der theoretischen bzw. philosophischen Ebene mag es seinen Platz haben und kann dort gern in einer Diskussionecke verstauben.

Hier seien einige Erläuterungen aus dem "Duden online" (www.duden.de/woerterbuch)externer Link, öffnet in einem neuen Fenster wiedergegeben:

Duden.de zu Verantwortlichkeit:
1. das Verantwortlichsein
2. etwas, wofür jemand verantwortlich ist
3. Verantwortungsbewusstsein, -gefühl
Synonyme zu Verantwortlichkeit:
a)  Gewissenhaftigkeit, Moral, Pflichtbewusstsein, Pflichtgefühl, Pflichttreue, Verantwortung, Verantwortungsbewusstsein, Ethik, Ethos,
b) Federführung, Zuständigkeit, (Amtssprache:) Kompatibilität, (Völkerkunde:) Sippenhaftung

Duden.de zu Verantwortung:
1a [mit einer bestimmten Aufgabe, einer bestimmten Stellung verbundene] Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass (innerhalb eines bestimmten Rahmens) alles einen möglichst guten Verlauf nimmt, das jeweils Notwendige und Richtige getan wird und möglichst kein Schaden entsteht
1b Verpflichtung, für etwas Geschehenes einzustehen [und sich zu verantworten]
2 Verantwortungsbewusstsein, -gefühl
3 (veraltet, noch landschaftlich) Rechtfertigung
Synonyme zu Verantwortung:
- Gewissenhaftigkeit, Moral, Pflichtbewusstsein, Pflichtgefühl, Pflichttreue, Verantwortlichkeit, Verantwortungsbewusstsein;
(bildungssprachlich:) Ethik, Ethos
- Garantie, Gewährleistung, Haftbarkeit, Haftung, Schuld, Verantwortlichkeit, Verpflichtung

Weitere Wörter im Zusammenhang mit "Verantwortung"A1:
Verantwortungsträger, Verantwortungslosigkeit, Verantwortungsethik,
Verantwortung haben, übernehmen, abgeben,
ihr gerecht werden, sich vor ihr drücken,

Es sei noch darauf hingewiesen, dass es zwischen "Pflichtbewusstsein" und "Verantwortungsbewusstsein" einen riesengroßen Unterschied gibt. • Verböserung, verbösern
Dieses Wort ist ein Beispiel für eine in Teilen schleichende "Verböserung" (Verschlechterung, Verschlimmerung, Barbarisierung) der deutschen Sprache. Zum ersten Mal und voller Entsetzen habe ich das Wort im Februar 2016 gehört  bzw. gelesen.
In meinem alten Duden Quelle Duden1 von 1991 findet sich noch eine akzeptable Erklärung für "verbösern":
"scherzh. für schlimmer machen"

Der neue, der Online-Duden
(Stand 19.02.2016 www.duden.de/rechtschreibung/Verboeserung »externer Link«)
schreibt hingegen schon zwei Bedeutungen vor, wobei inzwischen auch das Verb "verbösern" auftritt und als nicht mehr selbst zu erklärendes Wort diese Erklärung erhält:
1. a. (scherzhaft) das Verbösern; das Verbösertwerden
    b. (scherzhaft) Änderung, durch die etwas verbösert wurde
2. (Rechtssprache) Änderung einer gerichtlichen Entscheidung zuungunsten eines Betroffenen, der gegen die Entscheidung ein Rechtsmittel eingelegt hat

Es ist mir ein Rätsel, wie offizielle Stellen (Finanzamt, Wirtschaftslexikon, Gesetzgeber) dieses Wort aufgreifen und zu einem offiziellen Teil ihrer spezifischen Sprache machen konnten: steckt da etwa der "leibhaftig Böse" dahinter?
Es gibt Wörter, die möchte man nie gehört haben, die möchte man nie verwenden (müssen). Dieses  gehört für mich ganz bestimmt dazu!
Damit Sie die Definition (nach § 367 AO) genau nachlesen können, gebe ich hier einen Link auf eine Erklärungsseite
www.finanztip.de/verboeserung-bei-einspruch/ »externer Link«
und einen Hinweis auf ein anderes Wort aus der juristischen Fachsprache mit der gleichen Bedeutung, das vermutlich jedoch für die "dummen Bürger" nicht zumutbar ist: "reformatio in  peius"
(siehe de.wikipedia.org/wiki/Reformatio_in_peius »externer Link« - Stand 19.02.2016)

Warum konnte man nicht mit den Wörtern "Verschlechterung" oder "Verschlimmerung" arbeiten, wenn man ein allgemein verständliches Wort gesucht hat? Diese Frage wird mir wohl niemand beantworten wollen oder können. • Verdacht
Verdacht, verdächtigen, Verdächtiger, Anfangsverdacht - bei diesen Worten geht es um eine "negative Vermutung", in der eine "Befürchtung" mitschwingt, es könnte etwas Übles dahinter verborgen sein: ein krimineller Mensch, eine böse Krankheit.
Man muss natürlich vorsichtig damit sein, andere Menschen zu verdächtigen, eine Straftat oder eine unmoralischen Handlung begangen zu haben. Im schlimmsten Fall kann das ein "Rufmord" sein.
Wenn also jemand das Wort "Verdacht" verwendet, dann erwartet man, dass er eine schlimme, eine böse oder mindestens eine unangenehme Information zu verkünden hat, hier zwei Beispiele:
•"Er steht im Verdacht, das Auto geklaut zu haben."
Da muss er "seine Unschuld beweisen" können, wenn er diesen Vedacht von sich abwenden will.
•"Sie verdächtigte ihren Nachbarn, die Blumen in ihrem Vorgarten abgerissen zu haben." - Oh je, da scheint das Nachbarschaftsverhältnis echt gestört zu sein.

Es gibt Leute, die können sehr geschickt "einen Verdacht von sich auf andere ablenken".
Beim "Krebsverdacht" erzeugt allein die Vermutung, man könnte diese Krankheit haben, Angst und Schrecken.

Wenn man dann z. B. liest:
"Inzwischen haben Experten zunehmend den Verdacht, ..." wird man sicher auch nicht erwarten, dass der Satz mit einer einfachen, interessanten Information fortgesetzt wird, nicht wahr?
Dann müsste an dieser Stelle, so der Schreiber oder die Schreiberin ein "Sprachgefühl" hat, eigentlich stehen:
"Inzwischen haben Experten zunehmend die Vermutung, ..."

Bei Journalisten erwarte ich ein solches Sprachgefühl als mindeste Berufsvoraussetzung. Wird sie nicht erfüllt, sollte man demjenigen nicht noch Geld dafür geben, seine Dummheit anderen Menschen zuzumuten.
Ja, es gibt einen konkreten Fall für dieses Beispiel, den ich Ihnen auch nicht vorenthalten will: »Inzwischen haben Experten zunehmend den Verdacht, dass auch bei diesen Wanderungen eine Art Schwarmintelligenz am Werk sein könnte.« Der ganze Artikel in der MZ vom 08.04.2017, S. 40 berichtet über Wanderbewegungen von Vögeln.
Was ist Verdächtiges an einer Schwarmintelligenz? Ist das etwa gefährlich für uns Menschen?

Nein, ich will die nette Journalistin, die den Artikel geschrieben hat, hier nicht namentlich nennen, sie hat offensichtlich nur aus Versehen, ohne irgendeine  Hintergrund-Absicht dieses Wort in diesem Zusammenhang verwendet.
Es geht mir hier um etwas anderes - um eine Tendenz in der Sprache:
Wenn man sprachlich nicht mehr exakt zwischen "Vermutung" und "Verdächtigung" unterscheidet
, kann das verheerende Konsequenzen im menschlichen Miteinander haben:
Ob ich sage: "Ich vermute mal, dass Otto heute Abend nicht kommen wird." oder ich sage: "Ich habe den Verdacht, Otto wird heute Abend nicht kommen."   erzeugt bei denen, die das hören, durchaus unterschiedliche unbewusst-emotionale Reaktionen.

Mit dem Wort "Verdacht" kann ein Schreiber / Sprecher also seine Leser / Zuhörer in ihrem Denken in ganz bestimmte Richtungen lenken, der Manipulation sind  damit Tür und Tor geöffnet.

Beliebt ist übrigens auch dieser Satz, den man mit durchdringendem Rundumblick in die Gruppe schleudern kann:
"Ich will ja NIEMANDEN verdächtigen, ABER ..."
den man z. B. fortsetzen kann mit: "Aber irgend jemand muss ja das letzte Stück Würfelzucker aus der Dose genommen haben, ohne sie wieder aufzufüllen." • Verschleierung
Die einen denken bei diesem Wort an Burka bzw. Ganzkörperschleier für  Frauen aus anderen Kulturkreisen.  Die anderen  (abgeordnetenwatch.de) fordern "Verschleierung von Nebeneinkünften stoppen!" • verschiede und unterschiedlich
Über den Unterschied zwischen den beiden Wörtern "verschieden" und "unterschiedlich"
Diesen Unterschied kenne viele Menschen nicht. Anders ausgedrückt, sie haben keine Möglichkeit, diesen "kleinen Unterschied" in der Bedeutung überhaupt wahrzunehmen. Deshalb benutzen sie diese Wörter oft synonym bzw. geradezu verkehrt.
Dafür fand ich in der MZ vom 24.01.2018 auf der Kinderseite (!) ein passendes Beispiel. Es geht dort um "Tierische Hochzeiten" (so die Überschrift). Beim Paarungsverhalten der Hasen erfahren die Kinder u. a.:
"Ein Hasenweibchen paart sich mehrmals im Jahr, von Januar bis Oktober. Deshalb kann der Nachwuchs unterschiedliche Väter haben."
Nein, in diesem Fall kann der Nachwuchs nur "verschiedene Väter" haben. Denn die Formulierung "unterschiedliche Väter" hat eine klitzekleine andere Nuance.
Natürlich unterscheiden sich Väter in ihrem Äußeren, im Charakter, im Alter usw.
Man kann dann z. B. sagen: Die Väter der beiden Brautleute sind extrem unterschiedlich in ihrem Charakter und in ihrer sozialen Stellung.
Z. B. "Die beiden Zwillinge könten unterschiedlicher nicht sein. Man kann es kaum glauben, dass sie eineiige Zwillinge sind."
oder
"Wir müssen in verschiedene Eingänge hineingehen." Ob diese gleich oder unterschiedlich aussehen, wird man sehen.
Das "unterschiedlich" bezieht sich auf (einzelne) Eigenschaften, das "verschieden" bezieht sich auf die Person als Ganzes  bzw. auf Gegenstände.
Die verschiedenen Gegenstände auf dem Tisch waren auf dem ersten Blick nicht zu unterscheiden (nicht als unterschiedlich erkennbar).
Natürlich muss auch das Wort "verschieden" im Sinne von "verstorben" genannt werden. Da würde jedoch "(da)hingeschieden" von "hinscheiden" besser klingen. • Verweigerer
Heute (12.05.2017) sagt doch meine Postfrau, nachdem sie mir das Päckchen überreicht hat und ich wissen möchte, ob noch Briefpost dabei ist: "Ne, nur Werbung, aber Sie sind ja Verweigerer."
Ich darauf: "Nein, bin ich nicht. Ich brauche sie (die Werbung) nur nicht."
Wenn man das ausbaut, dann bin ich auch noch Bierverweigerer, Motorbootverweigerer, Fußballspielguck-Verweigerer, ...
Mir fällt gar nicht alles ein, was ich noch alles "verweigere", in dem Sinne, dass ich es nicht haben will, nicht benötige, dass ich es zwar ablehne für mich selbst, aber anderen durchaus gönne.

Halt - bei Werbung ist es doch etwas anderes:
Für mich ist dieses Zugemülltwerden mit Werbung in Druckform, in elektronischer Form so unerträglich, dass ich sie liebend gern abschaffen würde.
Was mich an dem Satz von der Postfrau so irritierte, war eigentlich nur, dass er so "negativ" klang, so wie beim "Kriegsdienstverweigerer". Im Wort "Verweigerer" schwingt eine hochgradige gesellschaftliche Ächtung gegenüber der so bezeichneten Person mit.
Kann mich etwa die Postfrau nicht leiden, weil ich keine Werbung von ihr annehmen will? • Verzicht, verzichten

Verzichten auf unrentable Transporte
Das will die DB Cargo, die Deutsche-Bahn-Tochter. Die MZ vom 04.04.2017 auf S. 17 beschreibt das so: "DB Cargo will mit einem Sparkurs und mit dem Verzicht auf unrentable Transporte wieder in die Gewinnzone."
Man kann das auch so formulieren: die wollen nur die Rosinen aus dem Kuchen picken.

Der neue Groß-Verzichter  (GroVe)
(Eintrag 10.02.2017)
Hiermit erklärt das Klatschweib Herrn Sigmar Gabriel zum "Groß-Verzichter" (GroVe).
Er hat jetzt, im Januar, "auf die Kanzlerkandidatur verzichtet". Er hat auch auf den Vorsitz in der SPD verzichtet, als wären beides nicht Funktionen, die man durch Wahl erlangt, sondern die einem - wegen Geburtsrecht?, wegen Gewohnheit?, weil man das größte Alphatier in der Partei ist? oder weshalb? - zustehen. So viel zur innerparteilichen Demokratie in der SPD.
Doch dieser Doppelverzicht ist es noch nicht, weshalb er diesen Titel verdient hat. Schon vergessen - er hat bereits 2013 auf die Kanzlerkandidatur verzichtet!
Aller guten Dinge sind drei. Nun ist es genug. Denn auf den Titel "GroVe" kann man nicht verzichten. Der wird einem angehängt, ob man will oder nicht.
(siehe auch unten, im Text zum Wort "Vorrecht" - Gabriels "Vorrecht auf eine Kanzlerkandidatur)

"Deutsche Bank verzichtet auf Strafzinsen"
Mit den "Strafzinsen" sind sogenannte "Minuszinsen" gemeint, das Gegenteil zu den früher üblichen "Positivzinsen", den realen Zinsen. Minuszinsen bedeuten, dass das Guthaben auf der Bank "schmilzt".
Das Geld vom Guthaben wandert mittels solcher "Strafzinsen" in das Täschchen der Bank.
Wenn also eine Bank darauf "verzichtet", bedeutet das, dass sie eigentlich einen "Anspruch" darauf hat bzw. glaubt, einen Anspruch darauf zu haben.
Die Bank holt sich das Geld woanders her - mittels steigender Gebühren fürs Konto z. B.
Im Zusammenhang mit dieser Meldung (die Überschrift ist ein Zitat aus der MZ vom 18.08.2016, S. 23) fallen weitere schöne Wörter:
"Gebührenerhöhungen" (gleich im Plural) und "Zinsflaute".

Der Verzicht Seehofers
Zitat aus der Zeitung "DIE WELT" vom 18.07.2016 (online), in dem es um die wieder wachsenden Umfragewerte für die CDU und CSU geht: "Der Verzicht Seehofers (und Edmund Stoibers), jede Entscheidung aus Berlin oder Brüssel sofort kleinzureden, schlägt positiv zu Buche."
Gauck verzichtet auf zweite Amtszeit
Der oberste Diener des Volkes bringt ein Opfer. Denn "verzichten" bedeutet ja auch, etwas wegzugeben bzw. nicht in Anspruch zu nehmen, was einem eigentlich  gehört bzw. zusteht. Verzicht ist mit Verlust- und Entsagungsgefühlen verbunden.
Gauck soll seine gesundheitlichen Beschwerden und sein fortgeschrittenes Alter "zu den Gründen für seinen Verzicht" (MZ 04.06.2016, S. 2) genannt haben. "Entsagung nennt man das Vergnügen an Dingen, welche wir nicht kriegen." dichtete schon Wilhelm Busch.
Hier könnte man höchstens vermuten, dass ein weiteres Gefühl hinzukommt: Versagensängste.

Der in Deutschland voranschreitende Verzicht auf musische und ästhetische Bildung
Hier gebe ich einen kurzen Artikel aus der MZ in voller Länge wieder. (Bitte beachten Sie die Nuance, dass an einer Stelle das Wort "gebe" steht, nicht "gäbe".)
"Niedergang“ in Spracherziehung ?
Hilmar Hoffmann besorgt
Berlin / ADN. Der Präsident des Goethe - Instituts, der sozialdemokratische Kulturpolitiker Hilmar Hoffmann, zeigt sich besorgt wegen des „Niedergangs“ und des Bedeutungsverlusts der deutschen Sprache. Diese Entwicklung habe damit zu tun, „daß schon in der Schule die ästhetische Erziehung obsolet geworden ist“, sagt Hoffmann in der heutigen Ausgabe der Zeitung „Die Welt“. Der in Deutschland voranschreitende Verzicht auf musische und ästhetische Bildung sei ein Irrtum. Es gebe Anzeichen für einen „Abschied als Kulturnation“ . So verfüge nur noch jede zehnte Hauptschule über eine Schulbibliothek. Rund vier Millionen Menschen hätten Lesen und Schreiben gelernt aber wieder vergessen.
Das Haupt-Problem dabei ist, dass dieser Artikel bereits vor mehr als 20 Jahren - am 20.08.1996 - in der MZ zu lesen war, auf der Kulturseite. Heute werden die damals von diesem "Verzicht" betroffenen Kinder selbst Eltern und dann als "bildungsferne Schichten" stigmatisiert.

Verzicht auf Gewalt
Im Zusammenhang mit der Räumung des Flüchtlingslagers in Idomeni, Griechenland, schreibt die MZ vom 25.05.2016 auf S.4 (Hervorhebung im Text von mir - B.K.):
"... nahm das Elend von Idomeni seinen Lauf. Mehrfach blockierten die verzweifelten Menschen Bahngleise - der griechischen Wirtschaft entstand durch die Unterbrechung des Warenverkehrs ein Millionenschaden:
Die Regierung wollte - auch mit Blick auf die vielen Familien mit Kindern im Lager - auf Gewalt verzichten."
Ergänzung am  11.10.2017:
Langsam wächst sich das Material zu den Wörtern "Verzicht" und "verzichten" so sehr aus, dass wohl bald eine eigene Seite benötig.
Heute ergänze ich ein paar Notizen aus dem Jahr 2013 (die betreffen den Videotext der ARD am 10.09.2013, gegen 9.20 Uhr abgerufen auf der Tafel 106 bzw. den Videotext auf dem ZDF, gleicher Zeitpunkt, VT Tafel 120)
ARD:
Obama "ziehe es ohnehin vor, auf einen Angriff zu verzichten."
ZDF, ebenfalls auf den Präsidenten der USA, Barack Obama bezogen:
"Er würde aber durchaus auf einen Militärschlag verzichten, sollte Syriens C-Waffenarsenal erfolgreich gesichert werden."

In dieser Website gibt es weitere Beispiele für den Gebrauch der Wörter "Verzicht" und "verzichten":
- Philosophie des Verzichts von Habenichtsen
- unverzichtbar   (das Gleichgewicht der Natur)
- Musik als "unverzichtbarer Teil des menschlichen Lebens"
- es ist "irrsinnig, auf eine solche Vermehrung des geistigen Reichtums zu verzichten"
- Rentenverzicht (bei vorzeitigem Eintritt ins Rentenalter)
- keine andere Wahl, als "auf Kinder zu verzichten"
- "Verzichten müssen wird zu einem freiwilligen Akt umgedeutet." (in der Formulierung, dass viele Menschen in Deutschland nicht in Urlaub fahren "wollen" und dafür "finanzielle Gründe" angeben)
- auf ein Studium verzichten müssen
- wie gern von Hartz-IV betroffene Alleinerziehende auf Hartz IV verzichten würden
- Verzichtskultur

Martin Schulz verzichtet auf das Amt des Außenministers
(22.02.2019)
Das war Anfang Februar 2018, als es in den Verhandlungen zur "GroKo" um die Verteilung der Posten und Ministerien ging.
Nicht, dass Herr Schulz dieses Amt innehatte zu diesem Zeitpunkt und es nun freiwillig abgab an eine andere Person. Nein, zu diesem Zeitpunkt war Herr Sigmar Gabriel noch geschäftsführender Außenminister.
Herr Schulz war in die nähere Auswahl für das Amt geraten, er war also Anwärter auf das Amt.  Bestenfalls hat er also "auf eine mögliche Übernahme des Amtes des Außenministers verzichtet".

Dieser Fall ist auch deshalb so interessant, weil man den Faden weiter spinnen kann.
Man kann noch viel früher mit dem "Verzichten" beginnen: z. B. kann man seine Polit-Biographie so planen und dann daran arbeiten, dass einem ein solches Amt gar nicht erst angeboten wird. Man hat sich rechtzeitig entschieden: "Ich verzichte generell auf eine Polit-Karriere." 

Natürlich hat das ein Geschmäckle - wer denkt in diesem Zusammenhang nicht an den Fuchs, der über die ihm zu hoch hängenden Trauben sagt, dass er darauf verzichtet, weil sie ihm zu sauer seien. • Vorrecht
"Sigmar Gabriel hat Vorrecht auf Kanzlerkandidatur" war auf 1&1 am 08.05.2016 zu lesen, als Zwischenüberschrift in einem Text, bei dem es um Rücktrittsgerüchte von Herrn Gabriel ging. Im Text finde ich dann noch "... hatten Spitzenpolitiker betont, dass Gabriel den ersten Zugriff auf die Kanzlerkandidatur habe." • Vorurteil
Zum Vorurteil als solches, gelegentlich gepaart mit Klischees, fällt mir nur ein Satz aus einem alten Komiker-Text ein, der sich "Oswin, der ertrunkene Hering" nannte. Darin gibt es diese Stelle:
          "Dass Fische Wasser brauchen, ist doch bloß ein Vorurteil."
Vorurteil ist i. a. die Bezeichnung für eine vom eigenen Urteil abweichende Beurteilung eines Sachverhaltes durch andere.
Indem man das Urteil des anderen zum "Vorurteil" erklärt, hat man sich auf die höhere und damit weniger angreifbare Ebene begeben. Der andere ist von vornherein stigmatisiert als derjenige, dessen Urteil nicht wahrhaft ist, eben nur ein "Vorurteil".
In Sachsen-Anhalt hat sich in Vorbereitung der Landtagswahlen am 13.03.2016 die hiesige Regionalzeitung "Mitteldeutsche Zeitung" in einer Artikelserie "mit Klischees und Vorurteilen von Nichtwählern" auseinander gesetzt.  Das hat den Vorteil, dass alle Argumente von Nichtwählern in diese Kategorie gepackt werden können. Dann muss man nicht mehr darüber nachdenken, ob in den Meinungen der Nichtwähler auch eine sachliche Kritik an (einzelnen) Politikern oder der gesamten Politik stecken könnte. Eine sachliche Darstellung (immerhin ist die Landeszentrale für politische Bildung an dieser Aktion beteiligt) hätte auch berechtigte Kritik-Argumente von Nichtwählern nennen müssen.
Ich glaube, dass diese Serie bei Nichtwählern eher noch mehr Frust auslöst, als dass sie dadurch von ihren "Klischees und Vorurteilen" lassen. • vulgärdemokratisch
Das Wort "vulgär" lässt sich in letzter Konsequenz auf lat. "volgus" - "die Menge, das gemeine Volk" zurückführen. Da "Demokratie" "Volksherrschaft" bedeutet, wäre es eigentlich eine Art "doppelt-gemoppeltes" Wort.
Andererseits scheint es gerade eines sichtbar machen zu wollen: Es gibt ein normales und ein "gemeines" Volk. Immer dann, wenn das Volk Forderungen aufmacht, wird es "gemein", "vulgär" und hat dann offenbar keinen Anspruch mehr auf demokratische Beteiligung an den politischen Vorgängen im Land:
Hier das zugehörige Zitat aus der MZ vom 07.12.2015, S. 3: Was läuft da eigentlich gerade schief? Warum melden sich so viele Menschen zu Wort, die ein Verständnis von Meinungsfreiheit haben wie oben beschrieben? Und ein Politikverständnis, das der Dresdner Politologe Hans Vorländer als „vulgärdemokratisch“ bezeichnet und das so aussieht: Der Bürger wünscht, die Politik führt aus. Und wenn die Politik die Wünsche nicht erfüllt, gerät der Bürger in Wut.In diesem Zusammenhang wäre auch das Wort "Ochlokratie" interessant: die Herrschaft des Pöbels.
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Anmerkung A1 zum Thema Verantwortung und Verantwortungslosigkeit
Dieses Thema wird in MENSCH-SEIN / ICH BIN, DER ICH SEIN WERDE noch eine große Rolle spielen unter dem Aspekt der "Verantwortung vor sich selbst".
In HEITERE ZUKUNFT / ATOMISIERTE WELT wird es um die in unserer Gesellschaft verbreiteten Verantwortungslosigkeit - der Verantwortungslosigkeit der "Verantwortungsträger" einerseits und den Ausschluss vieler Menschen von der Möglichkeit, trotz Bereitschaft Verantwortung in der Gesellschaft übernehmen zu können andererseits - gehen. Beide Texte sind noch in Vorbereitung.