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SPRACHLIEBE - MIT LUST UND LIEBE SPRECHEN

WORTSAMMLUNG VON A BIS Z  - MENSCH


Wie immer beginne ich mit einer ersten Wortsammlung:
Mensch, Menschen, Menschlein
der Mensch - das Mensch
Menschenliebe
Menschensohn (Jesus nannte sich selbst so)
Menschenrechte

Menschheit
Menschlichkeit, menschlich
Mitmenschlichkeit

Menschenrechte

Menschenrechtsverletzungen (26)
Menschenrechtsorganisationen (28)
Menschenrechtsgerichtshof (25), Europäischer M. (als "gaanz laange Wörter")

Menschlichkeit gepachtet haben (zynisch)

Diese Formulierung habe ich einem Text in der MZ vom 04.01.2016, S. 22  von Joachim Lange entnommen. Er beschreibt eine Aufführung einer Oper "Didone Abbandonata", in der es um die Beziehung zwischen der kathargischen Königin Dido und dem Griechen Aeneas geht. Wörtlich heißt es: Das sorgt für ein veritables Dauer- Duell zwischen dem vielversprechenden Counter Kangmin Justin Kim in der Rolle des noblen Griechen, der die Menschlichkeit gepachtet hat, und seinem Counterkollegen Terry Wey, der als Jarbas den gefährlichen Eindringling gibt. Es erstaunt mich immer wieder, wie "das Gute im Menschen" zynisch herablassend beschrieben wird: meist wird ja (von ganz bestimmten Leuten mit einem ganz bestimmten Denkschema übrigens) ein "guter Mensch" belächelt und als "Gutmensch" verspottet.
Hier trifft es also zynisch jemanden, der einfach nur menschlich ist.

Es ist offensichtlich, dass es hier nicht um die normale Verwendung von "pachten" im Sinne eines Rechtsvertrags über zeitweilige Nutzung eines bestimmten Objektes (Garten, Jagdrevier usw.) geht.

Hier geht es um die Verwendung von "pachten" - besser gesagt, von "für sich gepachtet haben" - im übertragenen Sinne, das so viel wie "für sich in Anspruch nehmen" bedeutet.
Egal, worum es dabei im einzelnen geht: Diese Formulierung ist IMMER ABWERTEND gemeint, als Protest, ironisch oder - wie in obigem Fall - sogar zynisch.
Und sie stellt das Angesprochene in Abrede.
Beispiele wären:
    "Du hast wohl die Moral / die Wahrheit für dich gepachtet?"
    "Der hat ja wieder mal die Weisheit für sich gepachtet."

Es ist IMMER eine Bewertung anderer (du, er, sie, diese Leute), NIE eine Selbsteinschätzung.

In diesem Fall kann man also entweder lesen:
Der behauptet nur, menschlich zu sein, ist es aber nicht.
oder
Ich - der Schreiber des Artikels - mache mich lustig über diesen Trottel, der sich für seine Menschlichkeit aufopfert.

In der oben zitierten Formulierung schwingt ein "Haben-Denken" mit: nach dem Motto - wer etwas (für sich) gepachtet hat, der hat das für sich allein, da kommt ein anderer nicht mehr ran. Derjenige spricht also allen anderen auch noch Menschlichkeit bzw. Wahrheit usw. ab.

PS: Grammatikalisch ist die Formulierung auch noch falsch: "Pachten" im einfachen Sinne des Wortes kann man Menschlichkeit nicht. D. h., wenn der Schreiber sich schon über Aeneas lustig machen will, hätte er so formulieren müssen:"der die Menschlichkeit für sich gepachtet hat".   Aber lassen wir das, schließlich will ich mir von Ihnen, geschätzter Besucher meiner Website, nicht nachsagen lassen, ich hätte die Grammatik für mich gepachtet.

Mitmenschlichkeit


Mitmenschlichkeit und auch etwas zur Menschlichkeit
Die einfache Menschlichkeit ist wohl nicht genug?
In einem Text weiter oben geht es um die Formulierung "die Menschlichkeit gepachtet haben". Wäre der Schreiber dieser Formulierung konsequent gewesen, hätte er "die Mitmenschlichkeit gepachtet haben" schreiben müssen. Doch es ging ihm wohl eher darum, diesen Menschen UND dessen Menschlichkeit in einem Satz gleich doppelt zu diskriminieren.
Mitmenschlichkeit ist in meinen Augen ein Wort, das die "einfache Menschlichkeit" herabsetzt: sie ist wohl nicht "gut genug"?
Wir sind nicht nur menschlich, wir sind sogar "mitmenschlich"?