MENSCHENBILDER
DAS ANDROGYNE WESEN DES MENSCHEN
Langsam füllt sich das Thema, so dass ich ab dem 04.01.2024 eine Übersicht gebe:
• Das "biologische" und das "soziale Geschlecht"
• Der Mensch als "Mann und Weib"
• "Jungemädchen" - der Hermaphrodit
• Die Kugelmenschen des Plato
• Ardhanarishvara - ein androgynes Gottbild im Hinduismus (neu 15.03.2024)
• Ehe und Teamwork
• "Das System der Zweigeschlechtlichkeit ganz ...verlassen" (neu 04.01.2024)
• PS - Verweis auf das Thema MÄNNER + FRAUEN
• Das "biologische" und das "soziale Geschlecht"
Hätte ich schreiben sollen
"Das androgyne Wesen Mensch"?
Ich fürchte, damit hätte ich erst recht Ablehnung und Protest hervorgerufen.
Es ist schon schwierig genug, "dem" Menschen, also allen Menschen zu unterstellen, sie wären keine "reinen", "puren" Männer
oder Frauen.
Die meisten Männer fühlen sich als "echte Männer", viele fürchten sich geradezu davor, für "zu weiblich" oder gar "weibisch" gehalten zu werden. Und die meisten Frauen kämen wohl nie auf die Idee, in ihrer Seele auch eine "männliche Komponente" zu suchen.
Auch wenn sich inzwischen viel getan hat beim "sozialen Geschlecht", dem "
gender"
(engl. für "soziales Geschlecht" im Unterschied zum biologischen "sex" - eine Wortwahl, mit der das Problem nicht einfacher sondern eher schwieriger wird, wie es gegenwärtig aussieht), von einer echten Lösung dieses Problems der
Beziehungen zwischen biologischer und sozialer Prägung der Menschen sind wir noch himmelweit entfernt.
• Der Mensch als "Mann und Weib".
Erst jetzt, wo ich diesen Text schreibe, fällt mir die Doppeldeutigkeit des Textes aus der Bibel auf:
Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde,
zum Bilde Gottes schuf er ihn
und er schuf sie als Mann und Weib.(Ich hoffe, auch für Menschen außerhalb der jüdisch-christlichen Religion kann das Bibelzitat als Gleichnis, als Parabel durchaus lesens- und nachdenkenswert sein.)
Der Wechsel vom Singular für "der Mensch" zum Plural "sie" für "die Menschen" kann auch anders interpretiert werden als durch
die klassische, bekannte biologische Einteilung in Menschen männlichen und weiblichen Geschlechts.
Man könnte genauso gut sagen:
Gott schuf den (die) Menschen so, dass in jedem Menschen
sowohl Mann als auch Frau angelegt sind,
dass jeder Mensch eine "männliche" und eine "weibliche" Seite hat,
unabhängig davon, mit (in) welchem biologischen Geschlecht
das Kind geboren wurde.
• "Jungemädchen" - der Hermaphrodit
Sehr interessant fand ich eine TV-Sendung
(Zeitpunkt, Titel und Sender weiß ich nicht mehr):
Darin wurde eine Familie vorgestellt, deren "Tochter" (nach dem äußeren Schein) weder eindeutig biologisch ein Junge noch eindeutig biologisch ein Mädchen war. Es ging nun darum, wie dieses Kind (es war etwa 12 Jahre) und seine Umgebung mit dieser Situation klarkamen.
Am Beispiel eines Schulwechsel erzählte das Kind auf die Frage, ob es Probleme gegeben hätte (sinngemäß wiedergegeben):
Nein, ich habe am Anfang gesagt, ich bin "Jungemädchen" und das war es. Es hat überhaupt keine Probleme gegeben.
• Die Kugelmenschen des Plato
Im Symposion - in dem es um Liebe, Erotik, Beziehungen der Geschlechter geht - lässt Platon Aristophanes die Legende von den Kugelmenschen erzählen.
Die Details kann man nachlesen - hier nur so viel:
Diese Kugelmenschen frevelten gegen die Götter und diese trennten sie daraufhin und so entstanden die Männer und die Frauen.
In ihrer Sehnsucht nach der jeweils anderen Hälfte umschlagen sie sich und waren so wenigstens zeitweise wieder vereint. Es gab übrigens männliche, weibliche und androgyne Kugelmenschen. Daraus ergab sich die spätere sexuelle Orientierung der entstandenen Männer und Frauen. Nur die aus androgynen Kugelmenschen hervorgegangenen waren heterosexuell.
Platon wollte mit diesem Gleichnis
die erotische Anziehungskraft verdeutlichen.
In gutefrage.net fand ich vor vielen Jahren zu diesem Thema einen niedlichen Kommentar:
"... Mann und Frau sind gleich, von hinten sehn se gleich aus, und von vorne passen se zusammen."
• Ardhanarishvara - ein androgynes Gottbild im Hinduismus
Zufällig fand ich in der Wikipedia einen Artikel über dieses seltsame Gott-Wesen, dessen Namen im Sanskrit diese Bedeutung hat:
ardha - halb
nari - Frau
ishvara - Herr, "der Herr, der halb Frau ist".
Auch der Name Adhanari ist möglich für diesen
"hinduistischen Gott Shiva, der zusammen mit seiner Gemahlin Parvati eine Gestalt bildet, die halb Mann und halb Frau ist."
Nun kann man über diese Formulierung "der zusammen mit seiner Gemahlin" streiten. So weit war der Texter wohl noch nicht, dass er geschrieben hätte:
"Das Götterpaar Shiva und Parvati werden in der hinduistischen Götterlehre oft als halb Mann und halb Frau in der Personifikation des androgynen Wesens Ardhanarishvara bzw. Adhanari dargestellt."
• Ehe und Teamwork
Wenn die Ehe gedacht war, die Beziehung zwischen Mann und Frau zu schützen, ergibt sich aus dieser Kugelmenschen-Geschichte auch, dass nicht nur Mann und Frau eine solche enge Beziehung eingehen können, sondern auch Menschen gleichen Geschlechts.
Heute - angesichts zunehmender
Vielfalt geschlechtlicher Beziehungen (Stichwort "Polyamorie / Polyamory"- wäre vielleicht das Wort "Teamwork" das besser geeignete Wort, Beziehungen zwischen Menschen zu beschreiben.
Dabei gerät auch die Frage nach dem Geschlecht der einzelnen Team-Mitglieder sehr schön in den Hintergrund.
• "Das System der Zweigeschlechtlichkeit ganz ... verlassen"
In einem Artikel über den auf arte gezeigten Film
"Orlando, meine politische Biografie" (Film von Paul B. Preciado, darin geht es um transsexuelle Menschen, Artikel vom 06.12.2023) schreibt Anna Vollmer diese
sehr nachdenkenswerten Sätze:
"Transsein bedeutet für Preciado und die meisten seiner Protagonisten nicht, von einem Geschlecht zum anderen zu wechseln. Sondern das System der Zweigeschlechtlichkeit ganz zu verlassen. Eine Vorstellung, die für die Gesellschaft paradoxerweise viel abwegiger scheint als der Wunsch nach eindeutiger Männlich- oder Weiblichkeit."
PS: Im
MÄNNER + FRAUEN geht es um die Gruppe von Menschen, die
biologische Männer bzw. Frauen sind UND die sich auch sozial als Männer bzw. Frauen fühlen und zu der sich die überwiegende Zahl der Menschen zugehörig fühlt.
Das heißt nicht, dass die dort behandelten
Fragen zu den Beziehungen zwischen den Geschlechtern nicht im übertragenen Sinne auch für
die nicht eindeutig sich als Mann oder als Frau fühlenden Personen gelten.
Das heißt andererseits auch, dass dieses Thema hier - die Frage nach der männlichen und der weiblichen Seite in jedem Menschen - auch für diejenigen von Interesse sein könnte,
die sich bisher nur als Mann oder nur als Frau gesehen haben.