banner HZ -  HEITERE ZUKUNFT -  EIN ZUKUNFTSMODELL STELLT SICH VOR
HEITERKEIT UND LEBENSFREUDE ALS DAS ZUKUNFTSPRINZIP

ERNST + HEITER

ZUR GESCHICHTE UND PHILOSOPHIE DER HEITERKEIT

„In tristitia hilaris, in hilaritate tristis."
„In der Betrübnis (Traurigkeit) heiter, in der Heiterkeit betrübt (traurig).“

Giordano Bruno

Giordano Bruno wollte offenbar mit diesem Ausspruch das Wechselspiel dieser beiden Gemütszustände, ihre dialektische Bezogenheit aufeinander deutlich machen.

Wer diese gegenseitige Bezogenheit verstehen will, muss zuerst wissen, was Heiterkeit wirklich ist. Noch oft wird Heiterkeit einseitig mit Freude oder Spaß, mit Lachen und sogar  Albernheit gleichgesetzt. Das stimm jedoch nicht.

Heiterkeit ist ein elementares menschliches Bedürfnis, ein Urtrieb des Menschen wie Essen, Trinken, Luft, Wärme und soziale Kontakte überhaupt.
Doch kein Urtrieb wurde und wird so stiefmütterlich behandelt, ignoriert, verstümmelt und entartet wie das Bedürfnis, "froh und heiter" zu sein.

Heiter zu sein, ist eine Kunst, eine Lebenskunst. Sie zu pflegen und zu entfalten, gehört zur menschlichen Kultur. Was immer Zukunft bringen mag, ohne die Pflege dieser Kunst, ohne die Entfaltung dieses Bedürfnis wird es nicht
gehen.

Damit Heiterkeit stärker die ihr gebührende Aufmerksamkeit erhält, will ich hier beginnen, einiges zur Geschichte und zur Philosophie der Heiterkeit zusammenzutragen.

Ich beginne mit einem Mann, der sich in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts mit Heiterkeit befasst hat, wie es wohl kein anderer im deutschsprachigen Raum getan hat.
Gerhard Branstner (1927 - 2008) war Marxist durch und durch, lebte in der DDR, in Berlin. Viele seiner zahlreiche Bücher habe ich damals regelrecht verschlungen. Sein hinterhältiger Witz und seine sprachliche Meisterschaft faszinierten mich immer wieder. Man nannte ihn auch gern den "Heiterkeits-Papst". Offiziell wird er als Schriftsteller angesehen, doch er hatte Philosophie studiert, promovierte  "Über den Humor und seine Rolle in der Literatur".
Ich würde ihn auch nicht einfach "Philosoph" nennen - er gehört aus meiner Sicht zu den ganz wenigen Männern, die ich als "weise alte Männer" ansehe.

Gerade  heute erhielt ich per Post ein Buch, auf das ich vor kurzem gestoßen war:

Harald Weinrich
Kleine Literaturgeschichte der Heiterkeit
Verlag C. H. Beck oHG, München 2001

Harald Weinrich (1927 - 2022), gleichaltrig mit Gerhard Branstner, war (so die Wikipedia über ihn) Romanist, Germanist, Linguist und Literaturwissenschaftler.
Weinrich, der mehrere Professuren inne hatte und auch Mitglied des Vereins Deutsche Sprache e.  V. war und in dem er die "Aktion Lebendiges Deutsch" unterstützte, engagierte sich stark für das Fach Deutsch als Fremdsprache.
In der Wikipedia über ihn findet sich ein Zitat von Hans-Martin Gauger anlässlich des 80. Geburtstages von Prof. Weinrich, aus dem ich nur diese zwei Sätze wiedergeben möchte: "Das ist der berühmte Weinrich-Sound, sein Stil, der ihn hervorhebt unter so vielen anderen deutschschreibenden Gelehrten. Er schreibt klar, anmutig, sogar heiter gelöst, aber diese Gelöstheit ist immer durch Ernst, die römische Mannestugend der gravitas, gezügelt. ..."Das Buch, das ich hier irgendwann ausführlicher vorstellen werde,  enthält auf der Rückseite einen (anonymen, vermutlich vom Verlag erstellten) Text:"Die Heiterkeit war ursprünglich nur ein Schönwetterwort und Ausdruck sorgloser Entrücktheit in Götterhimmeln. Dann griffen die Dichter nach ihr und erwählten sie sich, dem »Ernst des Lebens« zum Trotz, als sublimes Attribut der klassischen Kunst und Literatur.
So begann die glanzvolle literarisch-philosophische Karriere der Heiterkeit in der deutschen Literatur, deren wichtigste Stationen von Goethe bis zur Gegenwart Harald Weinrich in diesem Essayband nachgezeichnet hat."