VISIONEN + ZIELE
EINE NEUE HOFFNUNG WIRD GEBRAUCHT
Gleich zu Beginn dieser Seite möchte ich auf einen anderen Text in der "HEITEREN ZUKUNFT" verweisen, der mit dem folgenden in engem Zusammenhang steht:
DER ZUKUNFTSSINN DES MENSCHEN (hier in VISIONEN + ZIELE)
Dort geht es speziell um die unglaubliche Fähigkeit des Menschen, Zukunft geistig vorwegnehmen zu können.
Hoffnung ist dann sozusagen "eine Erwartungshaltungen an die Zukunft, die bestimmte Möglichkeiten favorisiert".
Gemeinhin werden diese als "Träume, Wünsche, Visionen" u. ä. bezeichnet.
Diese Fähigkeit der geistigen Vorwegnahme von Zukunft mündet schließlich in der
Rückkopplung dieser Ideen auf das Handeln der Menschen:
Wir können versuchen, unsere Träume, Wünsche und Pläne in die Tat umzusetzen, sie zu verwirklichen, sie "Wirklichkeit werden" zu lassen.
Sprüche wie:
"Es hofft der Mensch, solang er lebt." oder "
Hoffen und Harren hält manchen zum Narren." gibt es viele. Hält Hoffen den Menschen wirklich - wie der Volksmund sagt - zum Narren? Ist Hoffnung eine Illusion, eine Ersatzbefriedigung für unbefriedigende Realität? Was immer Sie an Erklärungsmodellen für Hoffnung bevorzugen, eines bleibt von den verschiedenen möglichen Auffassungen unberührt: Das ist die Tatsache, dass der Mensch überhaupt hoffen kann! Dieses Phänomen verdient es, einmal genauer untersucht zu werden.
Im Bundestagswahlkampfjahr 2017 war viel vom
"Schulz-Effekt" die Rede,
der
"aus aufgestauten Hoffnungen der Menschen" erklärt wird.
(Die Quelle kann ich nicht mehr benennen)
Diese Formulierung spricht Bände:
das bedeutet letztlich, dass viele Menschen
vergeblich gehofft haben,
enttäuscht wurden von Politikern, dass es
hoffnungslose Zeiten gegeben hat in der Vergangenheit.
Aufgestaute Hoffnungen - das sind die Sternstunden von Populisten, Heilslehrern, Demagogen usw.
Martin Schulz, der Kanzlerkandidat der SPD, hat es nicht geschafft. Der Hoffnungsträger war zu schwach, die in ihn gesetzten Hoffnungen und Erwartungen zu erfüllen. Es war auch für einen einzelnen Menschen eine viel zu große Last.
Ehe ich mich mit dem eigentlichen Thema dieser Seite
"Eine neue Hoffnung wird gebraucht" (siehe unter 9.) befassen werde, gibt es hier ein paar einführende allgemeine Notizen zur Hoffnung:
1. Warum wir hoffen können
2. Hoffen und Befürchten
3. Eine kleine Sprachbetrachtung
4. Das Geschäft mit der Hoffnung
5. "Guter Hoffnung" sein - der Zukunftssinn der Frauen
6. Hoffnungslos
7. Das Prinzip Hoffnung
8. Die Theologie der Hoffnung - Religion und Hoffnung - Hoffen auf ein Jenseits?
9. Eine neue Hoffnung wird gebraucht
1. Warum wir hoffen können
Offenbar hat die Evolution dem Menschen als einzigem irdischen Lebewesen die Fähigkeit verliehen, über zukünftige Ereignisse nachdenken, besser gesagt, "vordenken" zu können. Diese Fähigkeit ist nicht zufällig entstanden als Abfallprodukt, sie hat sich aus Notwendigkeiten und Möglichkeiten entwickelt, weil sich bereits ihre ersten Ansätze als äußerst vorteilhaft erwiesen.
Welchen Vorteil verschafft die Hoffnung uns als Menschen?
Genügt es, die Fähigkeit zu hoffen, nur aus biologistisch-evolutionistischer Sicht zu betrachten oder spielen hier noch ganz andere Fragen eine Rolle, die wir noch gar nicht bis auf den Grund durchschaut haben?
Wenn uns diese Fähigkeit sozusagen "in die Wiege gelegt" wurde, was machen wir aus ihr?
Die Frage nach dem "warum" muss deshalb wohl ergänzt werden durch die Frage nach dem "wozu?"
Wozu können wir hoffen?
Auf welches Ziel hin können wir hoffen? Gibt es auch eine "beste denkbare Hoffnung"?
Im Christentum ist das Paulus-Wort (1. Korinther 13, 13) sehr bekannt, in dem er von
"Glaube, Hoffnung, Liebe" als den drei Grundtugenden der Christen
spricht.
2. Hoffen und Befürchten
Über die Zukunft, über mögliche zukünftige Ereignisse nachzudenken, bietet zwei Wertungsmöglichkeiten an:
sie können als
angenehm, begrüßenswert und gewollt oder als
unangenehm bis furchtbar, ungewollt und verabscheuungswürdig wahrgenommen
werden.
Natürlich kann man - wenn man die Fähigkeit des Menschen zur "Zukunftsschau" untersuchen will - nicht einseitig die Hoffnung betrachten. Auch
das "Befürchten", die sorgenvolle Zukunftsschau gehört dazu.
Letztlich hängen beide Extreme mit der Tatsache zusammen, dass Zukunft ein breites Möglichkeitsspektrum bietet, von der extrem ungünstigsten bis zur "denkbar besten" Zukunftsvariante. Auch das Befürchten ist natürlich wichtig.
Hoffen hingegen ist
"erwartungsvolle Zukunftsschau". Beide Sichtweisen auf mögliche Zukunft - das Hoffen und das Befürchten - unterscheiden die Optimisten und die Pessimisten.
In den letzten Jahren ist eine Art
"Angst vor Hoffnung" aufgetreten bei oft gleichzeitigen Rufen nach mehr Optimismus. Ein Mensch, der mit "Alles-wird-gut"-Parolen in die Zukunft schaut, wird belächelt, verspottet oder sogar angegriffen:
"Du Utopist, du Phantast! Siehst du nicht, wie furchtbar, wie leidvoll die Welt ist, wie viele (unlösbare !) Probleme es auf der Welt gibt. Deine Hoffnungen sind so naiv, weltfremd, albern. Komm endlich auf den Boden der Tatsachen zurück."
Hoffnungen - so scheint es - haben nur Platz in kurzen Lebensabschnitten und höchstens im individuellen Bereich: Hoffen auf ein gutes Zeugnis, die begehrte Lehrstelle, den Traumpartner, ein Haus, Auto, Kind, normale Wunscherfüllungen eben.
Doch alles wird ständig überschattet von einer
"latenten Hoffnungslosigkeit" gegenüber einer ungewissen, womöglich gefährlichen Zukunft, des individuellen Todes oder sogar des möglichen Untergangs der Menschheit.
3. Eine kleine Sprachbetrachtung
Einzelne Worte, die mit Hoffnung zusammenhängen:
• desiderium – das Erwünschte, Erwartete
• docta spes – begriffene Hoffnung
Das Wort "Wüst" hängt mit „wahn“ zusammen und bedeutet sowohl Hoffnung, Meinung als auch „leer“.
Ich interpretiere es so:
Hoffnung ist das zu füllende noch Leere, der aufgespannte Möglichkeits-Raum, in den hinein etwas geschehen kann. Hoffnung muß "sich er-füllen" können, sonst wird sie zur "falschen Hoffnung".
Der sogenannte "Ewiger Jude" (Ahasver) trug mehrere weitere Namen, einer davon war
Juan Espera-en-Dios -"Hoffe auf Gott".
Auf diese "Hoffnung auf Gott werde ich später noch zu sprechen kommen.
4. Das Geschäft mit der Hoffnung
Jede Fähigkeit und jedes Bedürfnis der Menschen muß befriedigt werden, irgendwie, gut oder schlecht. Auch die Fähigkeit, hoffen zu können, verlangt nach Befriedigung. Dieses Geschäft scheint eines der lukrativsten überhaupt zu sein. Entsprechend breit ist das Spektrum der Berufe, die sich mit der Dienstleistung am "hoffenden Kunden" befaßt.
Astrologen, Hellseher, Wahrsager, Orakel - sie haben lange Tradition.
5. "Guter Hoffnung" sein - der Zukunftssinn der Frauen
Dieser Text gehört sowohl hierher als auch auf die Seite DER ZUKUNFTSSINN DES MENSCHEN.
Deshalb habe ich diesen Text hier nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
6. Hoffnungslos
"Ein hoffnungsloser Fall" - so nennt man gelegentlich einen Menschen, bei dem von außen kein guter Einfluss mehr möglich ist: der Schüler, der nicht bereit ist zu lernen, die Tochter, die ihr Zimmer nie aufräumt, der Ehemann, der das Fremdgehen nicht läßt - die Kette der Beispiele ließe sich beliebig fortführen. In einer "hoffnungslosen" oder aussichtslosen Lage befindet sich ein Mensch, dem
kein Handlungsspielraum mehr gegeben ist. Ein zum Tode verurteilter Mensch, ein todkranker Mensch, ein Mensch, der irgendwo eingesperrt ist oder verloren im Urwald oder der Wüster umherirrt - sie alle wissen: jetzt gibt es nichts mehr, worauf sie hoffen können, jetzt ist das Ende nahe. Sie können sich nur noch mit ihrer Situation abfinden. Oft genügt schon eine Ehescheidung oder der Verlust des Arbeitsplatztes, eine schlimme Krankheit oder ein anderer Schicksalsschlag, um Menschen in Hoffnungslosigkeit zu stürzen. Meist finden sie allein nicht mehr heraus, brauchen die Hilfe der Familie, von Freunden oder auch ärztliche Hilfe. Der Pessimist gehört nicht in dieses Thema: sein Lebensprinzip heißt "Hoffnungslosigkeit" - unabhängig von den äußeren Umständen. Ihm steht der "unverbesserliche Optimist" gegenüber, der so etwas wie "Galgenhumor" besitzt und selbst in der scheinbar ausweglosesten Situation sich nicht aufgibt. Die Buddhisten haben diese Fähigkeit zu einem ihrer grundlegendsten Prinzipien gemacht: der "heiteren Gelassenheit". Sie hilft, mit allen Lebensumständen, auch den hoffnungslosesten, umgehen zu können. Der Volksmund sagt, man kann alles verlieren: Gesundheit, Besitz, Arbeit, man kann ganz tief fallen - nie ist man schon deshalb verloren.
Es gibt nur eine Situation, in der der Mensch wirklich verloren ist: im Zustand der Hoffnungslosigkeit.
7. Das Prinzip Hoffnung
Immer mal wieder zitieren Journalisten dieses "Prinzip Hoffnung" in ihren Texten. Es macht sich gut als Überschrift, um Aufmerksamkeit auf den Artikel zu lenken. Oft wird dabei Hoffnung ironisch-verzerrt gesehen, verspottet, als naiv oder Irrtum hingestellt.
Es steht zu befürchten, dass viele von diesen Schreibern gar nicht mehr wissen, woher diese Formulierung stammt. Da hat man mal ein Schlagwort aufgeschnappt und kann damit angeben - so wirkt es bei manchem, der vom "Prinzip Hoffnung" spricht.
Ein sehr umfangreiches
Buch von Ernst Bloch trägt diesen Titel:
"Das Prinzip Hoffnung".
Darin geht es nicht nur um psychologische Fragen wie Wünsche, Tagträume, um Triebe des Menschen und utopische Bilder in der Geschichte, es geht nicht nur um das Verhältnis von Möglichkeit und Wirklichkeit, um Utopien usw., es geht auch um "Grundrisse einer besseren Welt": um Sozialutopien, technische Utopien, und es geht um die "Macht der stärksten
Nicht-Utopie: den Tod". In der Inspiration durch dieses Buch und in der Auseinandersetzung mit ihm entstand das folgende Buch:
8. Die Theologie der Hoffnung - Religion und Hoffnung - Hoffen auf ein Jenseits?
Die "Theologie der Hoffnung" ist ein Buch des Theologen Jürgen Moltmann. Der enge Zusammenhang zwischen Hoffnung und Religion wird genau an dieser Hauptfrage des Buches deutlich, an der
Frage, ob die Hoffnung auf ein Jenseits realistisch ist oder nur eine "falsche Hoffnung", die die Menschen vertröstet, ihnen hilft, das sinnlose, mühevolle Erdendasein zu ertragen.
Das Buch nimmt die Auferstehungsgeschichte des Jesus von Nazareth aus der Bibel, dem Neuen Testament, wörtlich. Aus diesem "Heilsgeschehen" schöpft Moltmann und schöpfen die Christen ihre über den individuellen Tod hinausreichende Hoffnung.
Damit wird diese Hoffnung ein für Nichtchristen nicht wirklich verstehbares Phänomen.
Andererseits können sich Christen offenbar nicht vorstellen, dass auch ohne diese Hoffnung auf ein Jenseits, auf ein glückliches und ewiges Leben, Menschen glücklich und hoffnungsvoll durch ihr Leben gehen können.
Auch das Wissen, in der Folge der Generationen seinen Platz ausgefüllt zu haben, wirksame Spuren hinterlassen zu haben, wenn man einmal "nicht mehr ist", kann Menschen glücklich und zufrieden machen. Dann bleibt am Ende des Lebens immer noch die Hoffnung, nicht "vergeblich", nicht "umsonst" gelebt zu haben.
Im Bild der Wirkmöglichkeiten, das
vom
Baum pflanzen, Kind zeugen, Haus bauen und Buch schreiben spricht, sind im Prinzip alle Bereiche menschlichen Handelns umrissen:
Der Baum steht für die Erde, die uns vorgegebene Natur, in die wir pflanzend, fördernd, nutzend eingreifen dürfen.
Das Kind steht für die Zukunft der Menschheit, die ohne Kinder nicht möglich ist.
Das Haus kann als Symbol aller technischen Möglichkeiten des Menschen angesehen werden.
Schließlich
steht das Buch dafür, den geistigen Reichtum der Menschheit zu bewahren, weiter zu entwickeln und an die nachfolgenden Generationen weiter zu geben.
9. Eine neue Hoffnung wird gebraucht
Hoffnung kann Menschen aktivieren, ihre Lebensenergie wecken, ihren Tatendrang, kann sie bewegen, "über sich hinaus zu gehen", Zeit, Geld, Kraft einzusetzen für den Gedanken, der diese Hoffnung ausgelöst hat.
In der Geschichte gab es
immer wieder Beispiele, wie Ideen und Gedanken
in Menschen Hoffnung ausgelöst hatten, die sie dann bewegten, etwas dafür zu tun, diese Ideen umzusetzen bzw. ihnen zu folgen.
Schnell erkannten sie, wie wichtig es dafür ist, mit anderen Menschen gemeinsam an diese Ideen zu glauben und zu hoffen, sie auch realisieren zu können, mit anderen gemeinsam die Ideen umzusetzen.
Es sind in der europäischen Geschichte vor allem drei geistige Strömungen, die diese Kraft gezeigt haben:
• das Christentum
• die Ideen des Sozialismus / Kommunismus
• und leider auch die Ideen des
›Nationalsozialismus‹.
Allen diesen drei Ideen ist gemeinsam, dass sie eine bessere Zukunft versprachen, dass sie von den meisten Menschen mit großer Freude und Begeisterung aufgenommen wurden, dass sie gemeinschaftsbildend wirkten, dass sie anfangs große Hoffnungen auslösten und viele Menschen für sich interessieren konnten, die sich auch praktisch-tätig für diese Ideen einsetzen.
Mir geht es jetzt nicht um eine Wertung dieser Ideen, das wird an anderem Ort zu gegebener Zeit möglich sein.
Mir geht es um das Phänomen der Wirkung einer Idee auf das Verhalten von Menschen.
Heute - angesichts der jüngsten Vergangenheit - ist es einerseits d
urchaus verständlich, dass Menschen Angst vor großen Ideen haben. Doch die Zeit der Ideenlosigkeit, des Beharrens im Gewohnten, scheint vorbei zu sein.
Die heutige Zeit ist durch eine riesengroße Fülle von Problemen gekennzeichnet, die alle direkt und indirekt miteinander in Beziehung stehen.
Versuche, einzelne Probleme zu lösen ohne auch die anderen zu bedenken, sind daher äußerst begrenzt in ihrer Wirkung.
Deshalb denke ich, dass die Zeit objektiv reif ist für eine neue Hoffnung, eine neue mobilisierende umfassende Idee der Zukunftsgestaltung.
Ich hoffe, dass meine Idee der "heiteren Gesellschaft" bzw. der "heiteren Zukunft" dabei durchaus eine Diskussion wert ist.